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# taz.de -- eu-impfstrategie: Zu viel Impfstoff – aber erst ab Spätsommer
> Am Engpass im ersten Quartal dürfte der Impfstoffgipfel wenig geändert
> haben. Dafür wird es ab Spätsommer Impfstoff in Hülle und Fülle geben
Von Felix Lee und Finn Mayer-Kuckuk
Grüne, Linke und FDP werten den Impfstoffgipfel vom Montag als Fehlschlag.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht von enttäuschten
Hoffnungen. Und selbst Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) muss
eingestehen, dass es bis in den April hinein „harte Wochen der Knappheit“
beim Impfstoff geben werde.
Die Spitzen der Impfstoffhersteller hatten bei dem Gipfel mit Kanzlerin und
Ministerpräsident*innen noch einmal deutlich gemacht, wie aufwendig
eine Ausweitung der Produktion ist. Einiges laufe zwar: Die Mainzer Firma
Biontech etwa hat für ihr neues Werk im hessischen Marburg inzwischen eine
Lizenz erhalten und will noch im Laufe dieses Monats die Produktion
aufnehmen. Zugleich ist die Zahl der Partner, mit denen Biontech zur
Ausweitung der Produktion zusammenarbeitet, seit Dezember von 3 auf 13
gestiegen. Doch um die Engpässe im ersten Quartal zu beheben, kommen diese
Maßnahmen zu spät.
So groß die Enttäuschung ist – schon im zweiten Quartal dürfte die Lage
eine völlig andere sein. Die bislang drei zugelassenen Impfstoffe von
Biontech, Moderna und AstraZeneca haben zugesagt, Deutschland bis Ende
September Dosen zur Verfügung zu stellen, um über 70 Millionen Menschen zu
impfen. Zu den bis Ende März bereits geimpften 10 Millionen Bürger*innen
wird der Bedarf im Laufe des Sommers damit mehr als gedeckt sein. Weitere
Impfstoffe, deren Zulassung in den nächsten Monaten bevorsteht, sind noch
gar nicht mit eingerechnet.
Die größte Hoffnung ruht derzeit auf dem Wirkstoff des US-Konzerns Johnson
& Johnson, eigentlich ein europäisches Produkt. Er stammt von dem
Tochterunternehmen Janssen Pharmaceutica aus Belgien. Dieses Präparat hat
die EU schon konkret bestellt und hat im Vergleich zum derzeitigen
Marktführer Biontech große Vorteile. Es ist bei Raumtemperatur stabil und
hält sich im normalen Kühlschrank mindestens drei Monate. Das Präparat
lässt sich also ganz normal über Apotheken und Arztpraxen verteilen. Etwas
problematisch ist allerdings die Wirksamkeitsrate von nur 57 Prozent oder
weniger gegenüber der zuerst in Südafrika beobachteten Virusvariante.
Johnson & Johnson wirbt zwar mit einer Wirksamkeit von 72 Prozent in den
USA – doch die Daten wurden erhoben, bevor die Mutanten sich dort
verbreiten konnten. Dafür ist dieser Impfstoff zweimal ergiebiger als die
bisherigen Angebote, weil für den vollen Impfschutz nur eine Spritze nötig
ist. Wenn er wie geplant seine Zulassung erhält, dann sollte Deutschland im
Zeitraum April bis Juni 10 Millionen Einheiten erhalten.
Noch wirksamer könnte sich ein Konkurrent aus den USA erweisen. Der
Impfstoff von Novavax verhindert die Erkrankung zu 90 Prozent und befindet
sich damit auf einer Ebene mit den Premiumprodukten von Biontech und
Moderna. Dumm nur: Die EU hat bislang noch keinen Liefervertrag mit Novavax
abgeschlossen.
Mit dem Anbieter Curevac aus Tübingen verfügt die EU hingegen bereits über
einen Vertrag. Wie Biontech und Moderna bringt auch Curevac einen der hoch
begehrten mRNA-Impfstoffe auf den Markt. Die letzte Testreihe wird aber
erst Ende März abgeschlossen sein. Bis Juni soll Curevac nach bisheriger
Prognose der Regierung 3,5 Millionen Dosen bereitstellen.
Sehr viel schneller könnte ein weiterer Kandidat auch für die EU zur
Verfügung stehen: der russische Corona-Impfstoff Sputnik V. Nach einer am
Dienstag von der renommierten britischen Fachzeitschrift The Lancet
veröffentlichten Studie schützte das russische Vakzin in der letzten Phase
der klinischen Studien 91,6 Prozent der Probanden vor einer symptomatischen
Covid-19-Erkrankung. Russland hat sich auch schon bereit erklärt, der EU
100 Millionen Dosen zu liefern.
3 Feb 2021
## AUTOREN
Felix Lee
Finn Mayer-Kuckuk
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