# taz.de -- Kliniken sollen an Ärzt*innen sparen | |
> Um Geld zu sparen, sollen in Bremens Krankenhausgesellschaft 90 Stellen | |
> wegfallen – vor allem Ärzt*innen. Das Bündnis für mehr Personal im | |
> Krankenhaus fordert einen Systemwandel in der Finanzierung der | |
> Gesundheitsversorgung | |
Bild: Zu viel Krankenhauspersonal gibt's eigentlich nur in Fernsehserien – hi… | |
Von Sebastian Krüger und Jan Zier | |
In Bremens Krankenhäusern sollen rund 90 Stellen eingespart werden. Die | |
Pflege aber soll nicht darunter leiden, verspricht Gesundheitssenatorin | |
Claudia Bernhard (Linke). | |
„Im pflegerischen Bereich soll keine einzige Stelle abgebaut werden“, teilt | |
sie auf Nachfrage mit. Auch Auslagerungen seien nicht geplant. Vor allem | |
ärztliche Stellen seien von den Einsparungen betroffen. Bernhard begründet | |
den Schritt mit dem Verhältnis zwischen Leistungsumfang und Personal. | |
Hintergrund sind angekündigte Einsparungen in den vier städtischen | |
Krankenhäusern Mitte, Ost, Nord und Links der Weser. Zuerst hatte der | |
Weser-Kurier darüber berichtet. Betreiber der Kliniken ist der Verbund | |
Gesundheit Nord (Geno), der zu 100 Prozent der Stadt gehört. Bernhard sitzt | |
dem Aufsichtsrat vor. | |
Die Leistungen des Klinikverbands seien 2020 um 14 Prozent eingebrochen, | |
sagt sie. Der genaue Jahresabschluss stehe noch nicht fest, vorläufige | |
Prognosen würden von einem Minus von mehr als 40 Millionen Euro ausgehen. | |
Die Auswirkungen der Pandemie hätten daran einen Anteil von 20 bis 25 | |
Millionen Euro. | |
Bernhard bestätigt, dass die Geno Teil des sogenannten „Cash-Poolings“ | |
geworden ist – eines Systems, in dem für gewöhnlich der Mutterkonzern, in | |
diesem Fall aber die Stadt, ihren eigenen Unternehmen Überziehungskredite | |
gewährt. Dadurch stehe dem gebeutelten Verband ein kurzfristiger Kredit in | |
Höhe von 50 Millionen Euro durch die Stadt zur Verfügung. Ohne das Darlehen | |
wäre eine Zahlungsfähigkeit nicht mehr gesichert. | |
Der Verband habe in den vergangenen Jahren stetig Personal aufgebaut von | |
5504 Stellen im Jahr 2017 auf 5759 im vergangenen Jahr, sagt | |
Geno-Pressesprecherin Karen Matiszick. Die Fallzahlen und die Erlöse seien | |
in dem Zeitraum jedoch geringer ausgefallen als geplant. Zudem sei die | |
Anzahl an Leiharbeiter*innen während der Pandemie deutlich gestiegen. Die | |
Geno habe angesichts der Bilder aus Italien und Frankreich mit deutlich | |
mehr Coronakranken und einem größeren Personalausfall gerechnet, als | |
letztlich eingetreten sind. | |
Die Kliniken würden so mehr Personal beschäftigen, als durch das DRG-System | |
finanziert werde. Mit „Diagnosis related groups“ werden Patient*innen | |
und medizinische Leistungen nach Fallpauschalen klassifiziert und | |
abgerechnet – nicht nach dem, was Behandlung und Pflege tatsächlich im | |
individuellen Fall kosten. „Diese Situation hat die ohnehin schwierige Lage | |
der Geno weiter verschärft“, sagt sie zusammenfassend. | |
Personalabbau soll dafür sorgen, dass die Zahlen um das Jahr 2024 wieder | |
vom Roten ins Schwarze wechseln. Rund 90 Stellen sollen im laufenden Jahr | |
wegfallen. Auch Matiszick betont, dass die Pflege davon ausgenommen sei. | |
Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht geplant. Wie viele Stellen darüber | |
hinaus wegfallen sollen, stehe noch nicht fest. | |
Das Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus kritisierte die | |
geplanten Sparmaßnahmen Anfang der vergangenen Woche in einem offenen Brief | |
und warnte vor weiteren Einschnitten. Die Erfahrung zeige, dass es bei den | |
angekündigten Schritten nicht bleiben werde, es drohe insgesamt ein Kollaps | |
der Krankenversorgung. | |
Dabei sei die Situation auf den Stationen aufgrund des Fachkräftemangels | |
schon länger prekär: stundenlange Wartezeiten in den Ambulanzen und mehrere | |
Hundert Krankenhausbetten, die täglich leer bleiben müssten, weil nicht | |
ausreichend Personal zur Verfügung stehe. Die Arbeitsbedingungen seien | |
unerträglich, und das auch schon vor Beginn der Pandemie. | |
Das Bündnis kritisiert zudem die Praxis, Geno-Angestellte in Tochterfirmen | |
mit niedrigeren Gehältern unterzubringen. „Profite pflegen keine Menschen“, | |
heißt es in dem offenen Brief. Das Pflegebündnis fordert, die Krankenhäuser | |
zu entschulden und nicht gewinnorientiert zu betreiben. Zudem sollten alle | |
Angestellten einheitlich und transparent nach TVöD bezahlt werden. Das | |
DRG-System gehöre abgeschafft. | |
Gesundheitsversorgung, Krankenhäuser und Pflege seien keine Kostenträger, | |
sagt Bernhard zustimmend. Sie plädiert für Tariferhöhungen und höhere | |
Gesundheitsausgaben, um die Gesundheitsversorgung krisensicher zu | |
gestalten, sowie für einen schrittweisen Ausstieg aus dem bestehenden | |
Abrechnungssystem – „sonst fegt die nächste Pandemie uns weg“. | |
25 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Krüger | |
Jan Zier | |
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