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# taz.de -- berliner szenen: Ertappt nach oben gucken
Es gibt dieses Motiv, das wohl einige schon mal gesehen haben oder sogar
erlebt: Leute gucken nach oben, als ob sie was Besonderes beobachten.
Andere sehen die Nach-oben-Guckenden und gucken reflexhaft auch hoch.
Obwohl es da mitunter nichts zu sehen gibt, weil die ersten
Nach-oben-Guckenden nur die Leute veräppeln wollten. Oder weil es sich um
ein gruppenpsychologisches Experiment handelte. Aber selbst wenn es was zu
sehen gibt: Die NachahmerInnen sind irgendwie ertappt als
individualitätsferne MitläuferInnen. Dabei folgen sie doch nur einem
instinktiven Wissensdurst, einer vermutlich evolutionär notwendigen
Neugier.
Bei einem Spaziergang im Park am Gleisdreieck guckte eine Menschenmenge,
trotz Pandemie, auf eine Baumkrone. Ein Mann warf mehrmals einen Ball in
die Baumkrone. Das Ganze wirkte wie ein spannendes Sportevent. Ich dachte,
wenn du jetzt auch da hochguckst, bist du der gruppenpsychologische
Nachmacher-Roboter. Was, wenn all diese Leute nur ein Forschungsteam waren,
das testete, wie viele uniformhafte Typen am Gleisdreieck rumlaufen? Oder
waren es womöglich infantile Leute-Veräppler mit versteckter Kamera?
Scheißegal, ich musste wissen, was da oben vor sich geht. Sah aber nichts
außer kahlen Winter-Ästen. Deshalb fragte ich eine Frau, die auch die
spannende Baumkrone beobachtete. Sie erlöste mich aus meiner Unwissenheit.
Eine Drohne hatte sich in den Ästen gefangen und kam nicht mehr raus aus
dem Baum, vermutlich zum Unwillen der steuernden Person. Ich guckte nochmal
nach oben und meine Augen entdeckten oder erahnten eine Art Drahtspinne.
Was sie gut sahen: Leuchtpunkte, die blinkten, orange, grün und weiß. Zum
Glück hatte ich nicht auf meinem Individualismus beharrt.
Giuseppe Pitronaci
5 Jan 2021
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Giuseppe Pitronaci
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