| # taz.de -- heute in bremen: „Viele mussten sich neu erfinden in diesem Jahr�… | |
| Interview Sophie Lahusen | |
| taz: Frau Seyffarth, Ihre Online-Ausstellung handelt vom Thema der Suche. | |
| Nach was? | |
| Heike Seyffarth: Das Ausstellungsprojekt ist eingebettet in einen größeren | |
| Kontext. Als Teil der Organisation Visionskultur konnte ich über das Jahr | |
| im ehemaligen Bundeswehrhochhaus in der Falkenstraße sechs Ausstellungen | |
| kuratieren, diese ist die letzte. Dort hatten wir das „Creative Hub Bremen“ | |
| als Zwischennutzung etabliert. Der Nutzungsvertrag läuft aus und alle | |
| Beteiligten sind jetzt auf der Suche nach etwas Neuem – nach neuen Räumen | |
| und Visionen. Es ist also eine Suche, die die Gemeinschaft von | |
| Visionskultur umgetrieben hat. | |
| Und inhaltlich? | |
| Zum anderen geht es bei dem Thema Suche natürlich auch um die allgemeine | |
| Befindlichkeit nach diesem Jahr 2020. Es ist eine Gruppenausstellung und da | |
| ergaben sich als gemeinsame Themen: Wo stehe ich in meinem Leben? Wo geht | |
| es hin? Viele mussten sich ja neu erfinden in diesem Jahr. | |
| Ist die Ausstellung auch für die Betrachtenden wie eine Suche? | |
| Es geht darum, Dinge zu finden, idealerweise die Idee des Künstlers oder | |
| auch Dinge, die in einem selbst sind. Das sind Dinge, die hervorgekitzelt | |
| werden, im Sinne einer Provokation oder eines Aha-Erlebnisses. Vor allem | |
| bei abstrakten Bildern passiert im Kopf bei jedem etwas anderes. | |
| Vor allem bei abstrakten Bildern suchen Betrachtende aber doch auch meist | |
| nach etwas Bekanntem: Wie geht die Ausstellung damit um? | |
| Das ist ein ganz normaler Vorgang, auch im Museum. Es geht darum, Dinge | |
| einzuordnen und abzugleichen, die unserem Erfahrungs-Hintergrund | |
| entsprechen. Das ist bei der Ausstellung nicht anders, aber dadurch, dass | |
| sie vor allem online ist, gab es nicht die Möglichkeit, bestimmte | |
| Hintergründe zu erklären. Das habe ich versucht, durch Texte auszugleichen, | |
| was wirklich ein Balanceakt ist. Man möchte zwar Informationen geben, aber | |
| gleichzeitig möchte man die Leute durch zu viel Text nicht entmutigen. Bei | |
| einer normalen Ausstellung haben wir immer Rahmenangebote gemacht, wie | |
| Salons oder Vorträge. | |
| Sie arbeiten schon viele Jahre als Kuratorin. Blutet Ihr Herz nicht bei | |
| einer Ausstellung, die online ist? | |
| Ja, mein Herz blutet dabei. Das Schönste ist, vor einem Originalwerk zu | |
| stehen und dessen Schwingungen zu spüren, sich vielleicht mit einer Person | |
| auszutauschen, die neben einem steht. Es geht auch darum, nochmal | |
| hinzugehen und beim zweiten oder dritten Mal neue Dinge zu sehen, | |
| vielleicht vom Unterbewusstsein inspiriert. Diese wiederholte Erfahrung | |
| gibt es online wahrscheinlich seltener. Auch die Größe des Werks kann | |
| online kaum wiedergegeben werden. Ob ein Bild so groß ist wie man selbst | |
| oder nur so groß wie eine Briefmarke ist zentral für seine Wirkung. Das | |
| kann ein Bildschirm nicht wiedergeben. | |
| Wie erleben Sie die Möglichkeit momentan, Kultur ins Internet zu verlegen? | |
| Das ist nicht das Beste, aber eine gute zweite Wahl. Je mehr ich mich damit | |
| beschäftige, umso mehr Positives sehe ich auch: Plötzlich können Menschen | |
| rund um die Welt die Ausstellung anschauen und Rückmeldung geben. Vorher | |
| wäre wahrscheinlich niemand aus Amerika oder Neuseeland für eine | |
| Ausstellung nach Bremen gekommen. | |
| 4 Jan 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Sophie Lahusen | |
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