# taz.de -- Waffenruhe im Angesicht der Wahlen | |
> Überraschend haben der AfD-Landesvorsitzende Peter Beck und sein | |
> Schatzmeister Mertcan Karakaya ihren Antrag auf einstweilige Verfügung | |
> gegen eigene Parteikollegen zurückgenommen. Der Grund könnte ein Treffen | |
> beim Bundesvorstand in Berlin gewesen sein | |
Bild: Sollen laut Parteispitze lieber wieder miteinander reden als gegeneinande… | |
Von Simone Schnase | |
Es klang so pathetisch wie endgültig, als Peter Beck, Landesvorsitzender | |
der Bremer AfD, vor dem Landgericht sagte: „Mit unseren parteiintenen | |
Gegnern gibt es keine Vergleichsmöglichkeit.“ Knapp einen Monat ist das | |
her; am vergangenen Donnerstag hätte am gleichen Gericht nun eigentlich die | |
Entscheidung über Becks Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen | |
diverse AfD-Landesmitglieder getroffen werden sollen. Die allerdings fiel | |
aus, denn Beck und sein Schatzmeister zogen ihre Anträge kurzfristig wieder | |
zurück. | |
Mit einer einstweiligen Verfügung hatten sie dafür sorgen wollen, dass die | |
Parteikolleg*innen sie nicht mehr „bestechlich“ nennen. Auch „Vorteilsnah… | |
im Amt“ und „Kontakte ins rechtsextreme Milieu“ wollten sich Beck und | |
Schatzmeister Mertcan Karakaya von ihren Mit-AfDlern nicht mehr vorwerfen | |
lassen. | |
Diese Vorwürfe gegen die beiden waren zuvor im Rahmen eines Abwahlantrags | |
laut geworden, initiiert von Frank Magnitz und Thomas Jürgewitz, dem | |
ehemaligen Landesvize und Chef der mittlerweile aufgelösten | |
AfD-Bürgerschaftsfraktion. Magnitz und Jürgewitz hatten gemeinsam mit ihren | |
Parteikollegen Uwe Felgenträger und Mark Runge im November 2019 den | |
Ausschluss von Beck und Karakaya aus dem Landesverband gefordert. Grund war | |
ein Foto, das zuvor in den sozialen Medien die Runde gemacht hatte. Darauf | |
war Karakaya mit Mitgliedern des rechtsextremistischen Vereins „Phalanx 18“ | |
bei einer AfD-Wahlkampfaktion zu sehen. | |
Beck aber hielt sowohl an seinem Posten als auch an seinem Schatzmeister | |
fest und erklärte, dass Karakaya nicht gewusst habe, wer die Personen | |
gewesen seien, die ihm da beim Plakatieren geholfen haben. Als er und ein | |
weiteres AfD-Mitglied festgestellt hätten, um wen es sich gehandelt habe, | |
hätten sie die Aktion abgebrochen. Eine „einmalige Sache“ sei das gewesen, | |
[1][sagte Beck damals] über den Kontakt und: „Wir distanzieren uns als AfD | |
grundsätzlich von Neonazis.“ | |
Seinen „parteiinternen Gegnern“ reichte das nicht. Sie wollten Beck und | |
Karakaya weghaben und setzten den Abwahlantrag auf. Dort stand, die beiden | |
hätten sich finanzieller Unregelmäßigkeiten zum Nachteil der AfD, der | |
Vorteilsnahme im Amt und der Bestechlichkeit schuldig gemacht und sie | |
förderten und unterhielten Kontakte ins rechtsextreme Milieu. | |
Vor allem Letzteres mutet fast schon lustig an angesichts der | |
Antragsteller: Denn Magnitz unterhielt innerhalb der AfD enge Verbindungen | |
zur rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) und steht dem | |
völkisch-nationalistischen „Flügel“ um Björn Höcke nahe und auch Jürge… | |
taucht beim Verfassungsschutz mehrfach in Verbindung mit der IB auf, über | |
die er sagte, sie mache „mit intelligenten, witzigen, gewaltfreien Aktionen | |
auf Missstände in Deutschland aufmerksam, die allerdings den Gutmenschen | |
missfallen. Denn die IB will die deutsche Identität bewahren.“ | |
Der Abwahlantrag jedenfalls blieb beim AfD-Landesverband erfolglos. Becks | |
Antrag auf einstweilige Verfügungen gegen 20 Parteimitglieder konnte aber | |
auch keinen Siegeszug antreten: Vor Gericht [2][erklärte die Vorsitzende | |
Richterin], nur die Vorwürfe Vorteilsannahme und Bestechlichkeit dürften | |
als Straftatbestände nicht ohne Not unterstellt werden. Finanzielle | |
Unregelmäßigkeiten und Kontakt in die rechtsextreme Szene hingegen seien | |
keine Straftatbestände. | |
Sie empfahl einen Vergleich: Durch die gegenseitige Anerkennung, die | |
justiziablen Äußerungen nicht mehr zu tätigen, könne ein kostspieliges | |
Hauptsacheverfahren vermieden werden. Ihr Appell fruchtete aber nicht, also | |
wurde für vergangenen Donnerstag ein erneuter Termin vorm Landgericht | |
anberaumt. | |
Dass Beck und Karakaya ihre Anträge nun zurückgezogen haben, könnte mit | |
einem „Friedensgipfel“ zusammenhängen, [3][über den der Weser-Kurier | |
berichtete] Danach habe es, auf Einladung Becks, am 20. November ein | |
Treffen mit Magnitz, Runge, Felgenträger, Jürgewitz und Beck beim | |
Bundesvorstand der Partei in Berlin gegeben, weil sich der Bremer | |
AfD-Landesverband mit Blick auf anstehende Wahlen um sein Erscheinungsbild | |
sorge. | |
Peter Beck will sich gegenüber der taz „vorläufig“ nicht zum Sachverhalt | |
äußern. Er sagt lediglich und einigermaßen kryptisch: „Warten Sie die Zeit | |
ab – es ist manchmal schwieriger, als man denkt.“ Und, angesprochen auf die | |
offenbar doch noch erfolgte Einigung mit den parteiinternen Gegnern: „Wer | |
behauptet denn, dass es einen Vergleich gab?“ | |
7 Dec 2020 | |
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[3] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bremer-afd-sorgt-s… | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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