# taz.de -- corona in hamburg: „Noch mehr Einsamkeit dieses Jahr“ | |
Interview Lissy Malethan | |
taz: Stephan Karrenbauer, was bedeutet Weihnachten für Obdachlose in Zeiten | |
der Pandemie? | |
Stephan Karrenbauer: In jedem Jahr bedeutet Weihnachten ganz viel | |
Einsamkeit, dieses Jahr noch mehr. Es können keine Veranstaltungen wie ein | |
gemeinsames Essen und Fest stattfinden. | |
Gibt es trotzdem eine warme Mahlzeit? | |
Mit Sicherheit. Die Tagesaufenthaltsstätten haben aber bis heute nicht ihr | |
volles Programm wieder aufgenommen, oft reichen die Quadratmeter nicht aus, | |
um alle Obdachlosen zu bedienen. Eine Organisation will vor Weihnachten | |
noch Container im Hinterhof aufstellen, sodass zumindest die gleiche Anzahl | |
an Menschen bedient werden kann wie vor der Pandemie. Aber nicht jede | |
Einrichtung hat die Möglichkeit mal eben 22 Container in ihrem Hinterhof | |
aufzustellen. Die Einrichtungen werden aber selbst Sachen für die Leute in | |
ihrem Haus machen. | |
Werden die Veranstaltungen kommendes Jahr wieder stattfinden? | |
Ja, ganz sicher. Wir haben viele Gastronomen, die unter dem Ausfall leiden | |
und sich ärgern, nichts an Weihnachten für die Obdachlosen machen zu | |
können. | |
Sie bringen selbst Obdachlose in Hotels unter. Wie finden die Hotels das? | |
Die Hotels, die wir haben, sind begeistert dabei. Man muss aber erst mal | |
Hotels finden, die Obdachlose aufnehmen. Wir bekommen auch Sonderpreise. | |
Pro Einzelzimmer zahlen wir nächtlich rund 31 Euro. Das klingt viel, aber | |
die Hotels haben ja auch ihre Kosten. Teilweise sind das halbierte Preise. | |
Das Schöne ist, dass sie sehr offen gegenüber den Bewohner*innen sind. Sie | |
kennen nur das Wort Gast und genau so verhalten sie sich auch. Wenn diese | |
Offenheit und Bereitschaft nicht wäre, dann würde das ganze Projekt nicht | |
gut laufen. | |
Wer zahlt das? | |
Wir haben eine große Spende vom Zigarettenkonzern Reemtsma bekommen. Das | |
wurde zwischen Alimaus und uns gleich aufgeteilt. Aber auch andere, kleine | |
Initiativen haben Geld gesammelt und Obdachlose in Hotels untergebracht. | |
Letzte Woche haben wir zusammen die Zahl von 120 Personen erreicht. | |
Was wünschen sich Obdachlose zu Weihnachten? | |
Ein Stück Normalität. Dass sie in die Einrichtungen gehen können, die sie | |
kennen. Dass sie nicht vor der Tür stehen müssen und wenn sie Lust haben, | |
sich dort die ganze Zeit aufhalten können. Den großen Wunsch von einer | |
langfristigen Wohnung haben leider schon viele vergessen und glauben nicht | |
mehr dran. Deshalb ist der erste Wunsch das, was vor der Pandemie da war, | |
nicht auch noch zu verlieren. | |
22 Dec 2020 | |
## AUTOREN | |
Lissy Malethan | |
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