# taz.de -- heute in hamburg: „Am Ende profitieren die Unternehmen“ | |
Interview Paula Bäurich | |
taz: Frau Meschede, Sie haben selbst mal als Clickworkerin bei Amazon | |
gearbeitet. Können Sie die Arbeit empfehlen? | |
Laura Meschede: Nein, ich würde niemandem dazu raten. | |
Was genau ist denn Clickworking? | |
Meistens werden dabei Arbeitsschritte aus Unternehmen ausgelagert. Diese | |
Aufträge werden dann auf Plattformen gesammelt, auf denen man sich | |
registriert. Wenn man sich für eine Aufgabe angemeldet und sie bekommen | |
hat, kann man sie zu Hause erledigen. | |
Was haben Sie genau gemacht? | |
Ich habe für die Plattform Amazon Mechanical Turk gearbeitet. Da haben wir | |
Aufgaben übernommen, die Maschinen nicht erledigen können. Zum Beispiel | |
überprüft man auf Dating-Plattformen, ob Fotos jugendfrei sind. Nur in den | |
seltensten Fällen erfährt man allerdings, wozu man die Aufgaben erledigt. | |
Hört sich recht einfach an. Verdient man damit viel Geld? | |
Wenn man sich registriert hat und beginnt, Aufgaben zu erledigen, bekommt | |
man am Anfang so gut wie gar kein Geld. Macht man eine bestimmte Aufgabe | |
dann sehr oft gut, steigt die Qualifizierung für diese Aufträge. Daraufhin | |
kann man mehr und besser bezahlte Aufträge erledigen. | |
Wer arbeitet auf solchen Plattformen? | |
Menschen weltweit. Alle haben die gleiche Oberfläche und sehen die gleichen | |
Angebote. Das heißt, gewissermaßen konkurriert man in Echtzeit mit Menschen | |
aus Indien oder den USA um die Aufträge. Wer schneller draufklickt, hat den | |
Auftrag. Deswegen lässt man seinen PC automatisch Aufträge annehmen. | |
Gibt es denn eine zeitliche Begrenzung für das Erledigen? | |
Ja. Schaffe ich eine Aufgabe nicht in der vorgegebenen Zeit, wird das in | |
meinem Profil vermerkt. Das führt dazu, dass ich weniger Aufträge bekomme | |
und auf der Plattform schlecht bewertet werde. Die Auftraggeber*innen | |
können aber auch einfach entscheiden, dass sie das Ergebnis meiner Arbeit | |
nicht mögen. Dann erhalte ich in der Zukunft weniger Aufträge. | |
Das hört sich nach großem Druck an. | |
Ja. Dazu kommen die auch sonst prekären Arbeitsbedingungen. | |
Crowdworker*innen gelten als Solo-Selbstständige. Das bedeutet, dass sie | |
eigene Arbeitsgeräte verwenden müssen und keinen Anspruch auf Urlaub und | |
Rente haben. Am Ende profitieren nur die Unternehmen. | |
Das Gegenargument ist Flexibilität. | |
Das ist zumindest bei Mechanical Turk nur ein Scheinargument. Wenn mein | |
Computer für mich einen Auftrag angenommen hat, muss ich sofort mit der | |
Arbeit beginnen, egal ob abends oder sogar nachts. | |
Reagiert die Politik auf die Probleme? | |
Die Politik ist Teil des Problems. Die meisten Politiker*innen schüren den | |
Mythos, Clickworking sei eine neue Arbeitsform und müsse deshalb anders | |
behandelt werden. Damit erleichtern sie den Konzernen das Umgehen von | |
Arbeitsrechten. Immerhin hat das Bundesarbeitsministerium vor Kurzem einen | |
Bericht vorgelegt, nach dem es die Einbeziehung von Crowdworker*innen in | |
die gesetzliche Rentenversicherung prüfen will. Für alle Plattformen würde | |
das aber immer noch nicht gelten. | |
Diskussion„Crowdworking und Plattformen – Digitale Arbeit im globalen | |
Wettbewerb“: 18 Uhr, digital, Anmeldung unter: [email protected] | |
8 Dec 2020 | |
## AUTOREN | |
Paula Bäurich | |
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