# taz.de -- heute in hamburg: „Stadt muss Versorgung sicherstellen“ | |
Interview Lissy Malethan | |
taz: Herr Celik, warum braucht Wilhelmsburg ein Krankenhaus? | |
Deniz Celik: Wilhelmsburg ist einer der größten Stadtteile und wächst sehr | |
schnell. Trotzdem gibt es südlich der Elbe nur drei Krankenhäuser, im | |
Norden sind es 40. Es gibt bereits eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen | |
dem Krankenhaus Groß-Sand und den niedergelassenen Ärzt*innen. Für den | |
Stadtteil ist es wichtig, dass die Grund- und Regelversorgung weiterhin | |
bestehen bleibt. Das Krankenhaus hat diese Versorgung in den vergangenen | |
Jahren sichergestellt. | |
Warum soll das Krankenhaus Groß-Sand jetzt verkauft werden? | |
Das Krankenhaus hat finanzielle Schwierigkeiten. Zum einen wurden viele | |
Investitionen in den letzten Jahren nicht getätigt, zum anderen ist es | |
generell für kleine Krankenhäuser schwierig, im Fallpauschalensystem | |
wirtschaftlich zu überleben. Weil das Krankenhaus Defizite einfährt, hat | |
das Erzbistum als Träger beschlossen, es zu verkaufen. | |
Wird die Klinik geschlossen? | |
Das Erzbistum hat das zwar ausgeschlossen. Es ist trotzdem zu befürchten, | |
dass das Krankenhaus mit einem neuen Träger geschrumpft wird, dass | |
Stationen, die nicht rentabel sind, geschlossen werden. Am Ende könnte es | |
ein Krankenhaus sein, das eine Rehaklinik hat, aber nicht mehr die Grund- | |
und Regelversorgung für den Stadtteil bereitstellt. Bei einem Krankenhaus | |
sollte der Bedarf im Mittelpunkt stehen. Bei einem privaten Träger geht es | |
in erster Linie aber immer um die Wirtschaftlichkeit. Deshalb haben wir die | |
Kommunalisierung vorgeschlagen. | |
Konkret haben Sie vorgeschlagen, dass das Universitätsklinikum Eppendorf | |
(UKE) das Groß-Sand Krankenhaus übernehmen soll. | |
Genau. Durch die Übernahme könnte die medizinische Versorgung | |
weiterentwickelt werden. Das UKE hätte die Möglichkeit, vor Ort | |
Versorgungsforschung zu betreiben und wissenschaftliche Erkenntnisse auf | |
die allgemeine Versorgung zu übertragen. Außerdem hätten angehende | |
Mediziner*innen die Möglichkeit, in Wilhelmsburg einen Teil ihrer | |
Ausbildung zu machen. In der Vergangenheit haben wir genau das beim | |
Kinderkrankenhaus Altona gesehen. Als das in finanziellen Schwierigkeiten | |
war, ist das UKE eingesprungen. Das war eine Erfolgsgeschichte. | |
Und was sagt das Erzbistum dazu? | |
Das sagt, das UKE könne in das Bieterverfahren mit einsteigen. | |
Und das UKE? | |
Von Vertreter*innen des UKEs weiß ich, dass sie sich das vorstellen können. | |
Es gibt aber keine öffentliche Erklärung. Die Stadt steht in der | |
Verantwortung, da kann das UKE nicht voranpreschen. Es gibt eine Aussage | |
vom UKE, dass sie nicht konkret in die Verhandlungen einsteigen, aber dass | |
sie grundsätzlich bereit wären, für die Sicherstellung der Versorgung | |
einzuspringen. Das deute ich so, als wäre die Bereitschaft sehr groß. | |
Was steht dann noch im Weg? | |
Der rot-grüne Senat. Wir haben vermittelt bekommen, dass die Stadt eine | |
solche Lösung nicht anstrebt. Wir werden in der Debatte viel | |
Überzeugungsarbeit leisten müssen. Aber die Stadt hat den Auftrag, die | |
Versorgung der Menschen sicherzustellen, und muss jetzt handeln. In einem | |
Lenkungsausschuss sollten Vertreter*innen der Stadt, die Kassenärztliche | |
Vereinigung und die Krankenkasse eine Lösung beraten. Wir haben erfahren, | |
dass dieser Ausschuss seit zwei Monaten nicht getagt hat. Das zeigt, dass | |
die Stadt sehr wenig tut. | |
Wie eilig ist es denn? | |
Die Zeit rennt uns davon. Es gibt schon Verhandlungen im Hintergrund. Wir | |
wissen nicht, in welchem Stadium die sind. Es kann sein, dass das Erzbistum | |
von heute auf morgen mitteilt, dass sie einen neuen Träger gefunden haben. | |
Der Druck zu handeln ist sehr groß. | |
Online-Diskussion: „Welche Zukunft für Groß-Sand?“ mit Ärzten, | |
Ehrenamtlichen und Vertreter*innen von Krankenkassen, 19 Uhr, | |
https://bbb.die-linke-hamburg.de/b/die-wk3-zet | |
10 Dec 2020 | |
## AUTOREN | |
Lissy Malethan | |
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