# taz.de -- Bunte Wände trotz grauer Tage | |
> Eine Ausstellung auf einem Fabrikgelände zeigt die Wichtigkeit von | |
> alternativen Kunst- und Kulturprojekten | |
Bild: Ausstellung in Hemelingen: viel Farbe gegen Bodyshaming | |
Von Alina Fischer | |
Vor dem ehemaligen Coca-Cola-Gelände in Hemelingen reiht sich eine | |
Menschenschlange. Es ist kalt, die Sonne scheint. Alle 90 Sekunden darf | |
eine Kleingruppe losspazieren. Der Weg über das Gelände führt vorbei an | |
bunten Außenfassaden, Graffiti, großformatigen Malereien, Installationen. | |
An manchen Ecken hängt noch der Geruch von frischer Farbe in der Luft. | |
Mehr als 100 überwiegend regionale Künstler*innen haben in den letzten | |
Wochen die schlichten Wände des alten Fabrikgebäudes mit ihrer Kunst | |
belebt. „DiscART light“ heißt der Outdoor-Spaziergang rund um Street-Art | |
und Gegenwartskultur, der unter strengen Corona-Auflagen nun doch | |
stattfinden konnte. Ursprünglich hatten die Organisator*innen Andreas | |
Friedrich und Marlene Kaiser eine Ausstellung an mehreren Wochenenden | |
geplant, mit Konzerten und Lesungen – der Spaziergang war die Alternative. | |
Mit Erfolg: Rund 2.500 Besucher*innen kamen und sahen gleich zu Beginn eine | |
Wand, die im Rahmen eines Workshops von Kindern der Grundschule | |
Glockenstraße gestaltet wurde. Zu sehen sind bunte Häuser, Tiere, Blumen. | |
Einige Meter weiter prangt in Lila der Schriftzug „Gegen Mackertum“ an | |
einer Fassade. In einem der wenigen Innenräume, die man durchs Fenster | |
betrachten darf, sind Gedichte zu lesen. Angesprühte Rohre und | |
Belüftungsschächte, Lichtinstallationen und eine alte Überwachungskamera | |
ergänzen die farbigen Fassaden. „Das Wochenende hat gezeigt, dass Kunst und | |
Kultur gebraucht und gesehen wird, vor allem diese Art von Kunst“, sagt | |
Friedrich. Oft gingen alternative Kunstkonzepte bei der Verteilung von | |
Fördergeldern leer aus. | |
## Zwischennutzung sei Dank | |
Über ein Praktikum bei der Zwischenzeitzentrale (ZZZ) hatte Friedrich von | |
dem Leerstand erfahren. Er erzählte seiner Mitbewohnerin Kaiser davon. Sie | |
sei dann auf die Idee mit der Ausstellung gekommen. Da die Gebäude des | |
Coca-Cola-Geländes abgerissen werden sollen, habe es die perfekte Fläche | |
geboten, um sich künstlerisch auszutoben. Mit Hilfe der ZZZ konnten sie | |
sich mit der Eigentümerin, einer Immobilienfirma, auf eine Zwischennutzung | |
einigen. | |
Der Rückbau des Geländes hat inzwischen schon begonnen. Ein Besuch der | |
Ausstellung war nur bis letzten Sonntag möglich. Eine Fortsetzung ist aber | |
für März 2021 geplant. Dann wird vor allem Kunst in den Innenräumen zu | |
sehen sein, die wegen des Hygienekonzepts bis jetzt noch verborgen blieb. | |
Bei der Planung konzentrieren sich die beiden auf die Ausstellung, wollen | |
aber schauen, was an Rahmenprogramm spontan geht. Stattfinden solle der | |
zweite Teil der Ausstellung, sagt Friedrich, „zur Not auch wieder als | |
Spaziergang“. | |
11 Dec 2020 | |
## AUTOREN | |
Alina Fischer | |
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