# taz.de -- heute in hamburg: „Die Menschheit ist nur geduldeter Gast“ | |
Interview Paula Bäurich | |
taz: Frau Hensel, wem gehört die Erde? | |
Amelie Hensel: Ich würde sagen, die Erde gehört sich selbst, und alle, die | |
auf ihr leben dürfen, sind Gäste. | |
Wir Menschen verhalten uns aber nicht wie Gäste, oder? | |
Nein, aber so sind wir halt leider. Gleichzeitig passieren Maßnahmen zum | |
Klimaschutz auch ausschließlich aus der Perspektive von uns Menschen | |
heraus. Wir denken, wir wüssten immer, wie etwas funktioniert und richtig | |
gemacht wird, dabei machen wir nur 0,01 Prozent der Biomasse auf der Erde | |
aus. Deswegen wünsche ich mir einen Perspektivwechsel. | |
Wie soll der aussehen? | |
Anstatt, dass nur Menschen Dinge besprechen und entscheiden, sollen auch | |
andere Wesen und Unwesen auf der Erde das Sagen haben. Dafür sollten wir | |
uns auf Augenhöhe mit allem begeben. Das ist zwar leichter gesagt als | |
getan, aber das ist zumindest unsere Idee beim Klimaparlament. | |
Welche „Wesen und Unwesen“ meinen Sie? | |
Neben Tieren wie der Zoogiraffe oder dem Regenwurm sollen die Elbe oder das | |
Eis Botschafter*innen in unserem Klimaparlament haben. Besonders wichtig | |
ist uns auch die Vertretung von Pflanzen, da sie etwa 75 Prozent der | |
Biomasse auf der Erde ausmachen. Die Menschheit ist nur als geduldeter Gast | |
dabei. | |
Warum sollen auch nicht schmerzempfindliche (Un-)Wesen vertreten werden? | |
Auch die gehören ja zu unserer Erde dazu. Außerdem könnten uns das Eis oder | |
die Elbe Vorbilder darin sein, wie wir die Zeit wahrnehmen. Die sind schon | |
ewig auf der Erde und haben dadurch eine ganz andere Auffassung von Zeit. | |
Wir Menschen könnten so lernen, geduldiger in unseren Handlungen zu sein – | |
für Klimafragen gilt das allerdings nicht. | |
Alle Botschafter*innen in Ihrem Parlament sind Menschen. Da liegt die | |
Gefahr nahe, dass die Bedürfnisse doch wieder nur in unserem Interesse | |
vertreten werden. | |
Das stimmt, aber das versuchen wir zu vermeiden. Die Botschafter*innen | |
haben sich umfassend mit den Bedürfnissen ihrer Gruppen auseinandergesetzt | |
und versuchen, sich in sie hineinzufühlen. Die Forderungen widersprechen | |
dann auch oft den Interessen der Menschen. Zum Beispiel würde sich die | |
Giraffe über einen anhaltenden Klimawandel freuen, weil sich so ihr | |
Lebensraum ausbreiten würde. | |
20 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Paula Bäurich | |
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