| # taz.de -- Weniger Platz für Müll | |
| > Ein „Entwicklungsplan“ der Stadtreinigung sieht die Modernisierung von | |
| > acht Recycling-Stationen vor. Im Gegenzug wird das Angebot in sieben | |
| > Stadtteilen stark beschnitten | |
| Bild: Für manche auch schade: Ausgerechnet für Laub und Grünschnitt soll es … | |
| Von Simone Schnase | |
| Die Rekommunalisierung der Bremer Abfallentsorgung geht zulasten der | |
| Umwelt: Das zumindest sagt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) | |
| Bremen. Denn das Angebot von sieben der insgesamt 15 Recyclingstationen in | |
| der Stadt soll deutlich eingeschränkt werden. Hintergrund ist der | |
| „Entwicklungsplan 2024“ der Bremer Stadtreinigung (DBS), der am gestrigen | |
| Dienstag vorgestellt wurde. | |
| Danach werden acht Recyclingstationen zu sogenannten „Vollsortimentern“ | |
| ausgebaut, also zu Wertstoffhöfen, die alle Sorten von Abfällen annehmen, | |
| hinzu kommt eine nagelneue Station in Osterholz. Im Gegenzug aber werden | |
| die übrigen sieben Stationen laut DBS „zu Grün-Stationen entwickelt“. Was | |
| ebenfalls nach Ausbau klingt, bedeutet das Gegenteil: An den Standorten | |
| Huchting, Hemelingen, Obervieland, Aumund, Oslebshausen, Horn und Findorff | |
| werden künftig neben Textilien, Glas und kleinen Elektrogeräten nur noch | |
| Grünabfälle angenommen. | |
| ## Saisonale Öffnungszeiten | |
| Wer also bislang seine allzu sperrigen Pappen, Metallschrott oder leere | |
| Druckerpatronen dort entsorgt hat, muss künftig eine der anderen Stationen | |
| ansteuern. Hinzu kommt: Die so „entwickelten“ Standorte sollen nur noch | |
| zwei Tage in der Woche sowie den halben Samstag öffnen und das auch nur | |
| noch in der Grünabfallsaison von März bis November. | |
| Mit der Rekommunalisierung der Abfallentsorgung vor zwei Jahren hat sich | |
| die DBS als Anstalt öffentlichen Rechts unter dem Dach der Stadt Bremen | |
| gegründet. Der BUND spekuliert, ob die damit einhergegangenen | |
| Verbesserungen der Arbeitsbedingungen mit der Abspeckung dieser sieben | |
| Stationen finanziert werden, und kritisiert: „Da müssen sich die | |
| Verantwortlichen andere Lösungen einfallen lassen, auch wenn das heißt, | |
| dass mehr Leistung eben auch mehr Geld kostet.“ In Zeiten von Klimawandel | |
| und Rohstoffverknappung müsse es vorbei sein, dass ökologische Standards | |
| heruntergeschraubt werden, heißt es in einer Mitteilung des Bremer | |
| BUND-Geschäftsführers Martin Rode. | |
| Dass dem so ist, bestreitet sowohl die DBS als auch Umweltsenatorin Maike | |
| Schaefer (Grüne). Es habe im Verwaltungsrat nämlich auch die Option | |
| gegeben, die Hälfte der Recyclingstationen komplett zu schließen, sagte | |
| Schaefer am Dienstag: „Das wäre die kostengünstigste Variante gewesen.“ | |
| Aber hier sei klar gewesen, dass dies nicht auf Akzeptanz gestoßen wäre. | |
| „Mir war es wichtig, dass alle Stationen erhalten bleiben und die mit dem | |
| höchsten Kundenaufkommen modernisiert werden und längere Öffnungszeiten | |
| bekommen.“ | |
| Als die DBS 2018 die Recyclingstationen von verschiedenen privaten | |
| Betreibern übernommen hat, seien die „sehr heterogen hinsichtlich Größe, | |
| Annahmekapazität und baulichem Zustand“ gewesen, sagte bei der Vorstellung | |
| des Entwicklungsplans DBS-Vorstand Insa Nanninga. Auf Basis einer Analyse | |
| der Trends von Wertstoffhöfen in den 30 größten deutschen Städten sei | |
| schnell klar geworden, dass es in Bremen erheblichen Verbesserungsbedarf | |
| gebe. | |
| Während die Stadt beim Thema Dezentralität, also Verteilung der Stationen | |
| über die Stadtteile, sehr gut aufgestellt sei, mangele es an einer modernen | |
| Abgabeergonomie, an Eingangskontrollsystemen, an einer nachhaltigen | |
| Logistik bei den Containerwechseln oder an überdachten Stationen. „Der | |
| Entwicklungsplan soll die Kriterien modern, grün und verbesserte | |
| Arbeitsbedingungen erfüllen.“ | |
| „Top-modern“, wie es in der Sprache der DBS heißt, sollen aber nur zwei | |
| Stationen werden, nämlich die neue in Osterholz und die Station am | |
| Hulsberg. Sie sollen die Abgabe aller Abfallarten und eine ergonomische | |
| Befüllung der dann auch überdachten Container von oben ermöglichen. Sie | |
| sollen mit getrennter Kunden- und Containerlogistik konzipiert und ihre | |
| Öffnungszeiten sollen verlängert werden. Letzteres gilt auch für die sieben | |
| Stationen, die bis 2014 bloß „modernisiert“ werden. Kosten soll das Ganze | |
| rund zehn Millionen Euro, was laut Schaefer „allenfalls mit einem leichten | |
| Gebührenanstieg verbunden sein wird – nicht mit einer Gebührenexplosion“. | |
| Das oder doch zumindest höhere Gebühren wären dem BUND wohl lieber, denn er | |
| befürchtet durch die Einschränkungen der künftigen Grünabfallstationen | |
| einen Anstieg der illegalen Müllentsorgung: „Die wochenlange Schließung von | |
| Recyclingstationen in den zurückliegenden Coronamonaten hat das Problem | |
| illegaler Müllablagerungen richtig befeuert“, so Martin Rode | |
| ## Zusätzliche Container | |
| Mit der Ausdünnung der Öffnungszeiten werde zudem das Anfahren der anderen | |
| Recyclingstationen per Auto unterstützt, während die Nahversorgung für | |
| Radfahrende und Fußgänger leide. „Nicht weniger, sondern mehr | |
| Wertstoffsammlung ist das Gebot der Stunde.“ | |
| Alle Recyclinghöfe zu modernisieren wäre zu teuer geworden, räumte Maike | |
| Schaefer ein. Und die DBS argumentiert, dass im Gegenzug die Anzahl der | |
| Glas-, Textil- und Klein-Elektrogeräte-Container in den entsprechenden | |
| Stadtteilen erhöht werde – und darüber hinaus es ja schließlich das gut | |
| funktionierende Müllabfuhrsystem gebe. „Wir gehen nicht davon aus, dass es | |
| zu Vermüllung im Umfeld der abfallstationen kommt“, sagte Insa Nanninga, | |
| „aber bestimmt wird es erst einmal eine Eingewöhnungsphase geben.“ | |
| 26 Nov 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schnase | |
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