# taz.de -- heute in hamburg: „Keine andere Waffenart tötet weltweit mehr“ | |
Interview Lissy Malethan | |
taz: Herr Friederichs, Frieden schaffen mit Waffen, klappt das? | |
Hauke Friederichs: Nein. Bei ganz wenigen Beispielen in der Geschichte hat | |
ein Kampfeinsatz einen Konflikt dauerhaft beendet. Beim zweiten Weltkrieg | |
war der Waffeneinsatz der Alliierten wahrscheinlich zwingend, um die Gewalt | |
und den Holocaust zu stoppen, aber es gibt zahllose Fälle, die zeigen, dass | |
durch Einsatz von Waffen Kriege verlängert werden und Konflikte eskalieren. | |
Sie entwickeln sich zu asymmetrischen Kriegen, wo Terroristen, | |
Freiheitskämpfer und Rebellen über Jahrzehnte hinweg gegen andere Gruppen | |
kämpfen. Der Krieg gegen Gaddafi in Libyen ist dafür ein Beispiel. | |
Wo kommen deutsche Kleinwaffen zum Einsatz? | |
In jedem Konflikt weltweit. Kleinwaffen verbreiten sich sehr schnell, | |
wandern von Krieg zu Krieg. Waffen werden erbeutet, gestohlen und auf dem | |
Schwarzmarkt verkauft. Wenn ein Gewehr aus Deutschland zum Beispiel nach | |
Saudi-Arabien geliefert wird, kann keiner verhindern, dass die Regierung in | |
Riad diese Waffe später an ihre Verbündeten im Jemen liefert – genau das | |
ist in den vergangenen Jahren passiert. | |
Trägt Deutschland damit eine Mitschuld an Kriegsopfern? | |
Deutsche Rüstungsfirmen und die Bundesregierung, die den Export genehmigen | |
muss, tragen selbstverständlich eine Mitschuld daran, dass Konfliktparteien | |
zu leicht an Sturmgewehre und anderes Kriegsgerät gelangen. Keine andere | |
Waffenart tötet weltweit mehr zivile Opfer als Kleinwaffen. Das sieht auch | |
die Bundesregierung, denn sie beteuert immer wieder, dass deutsche | |
Rüstungsexporte besonders gründlich geprüft werden, genau wegen der | |
Risiken. | |
Die Prüfung scheint nicht ausreichend zu sein. | |
Die Kontrolle einmal bereits gelieferter Rüstungsgüter ist sehr schwierig. | |
Vor wenigen Jahren wurde ein sogenanntes „Post-Shipment“-Verfahren | |
eingeführt, mit dem geprüft wird, ob die Waffen noch dort sind, wo sie | |
hingeliefert wurden. Es finden aber kaum Kontrollen statt. Außerdem ist es | |
sehr aufwendig und bei Kleinwaffen auch nahezu unmöglich, den Verbleib zu | |
überwachen. Die Bundesregierung sagt, sie würde jeden Fall einzeln prüfen. | |
Dennoch erhalten Länder wie die Vereinigten Arabischen Staaten oder Ägypten | |
Waffen, obwohl die Menschenrechtslage dort kritisch ist und beide Länder in | |
den Krieg im Jemen verwickelt sind. | |
26 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Lissy Malethan | |
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