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# taz.de -- Liebe Grüße, dein Koks
> Die CDU-Bürgerschaftsfraktion will mit Drogenscannern gegen Rauschgift in
> Hamburger Knästen vorgehen. Für Kritiker:innen geht der Vorschlag am
> eigentlichen Problem vorbei
Bild: Andernorts schon in Gebrauch: positiver Befund auf einem Drogendetektor d…
Von Lukas Gilbert.
Etwa 44 Prozent aller Inhaftierten in deutschen Knästen haben ein
Drogenproblem. Das geht aus einer bundeseinheitlichen Erhebung hervor. Um
das Problem in den Hamburger Justizvollzugsanstalten (JVA) einzudämmen,
will die CDU-Bürgerschaftsfraktion spezielle Drogenscanner einführen. Mit
den Geräten könnte die Post an die Gefangenen besser überprüft werden. Ihr
Antrag wird heute im Justizausschuss debattiert.
Kern der Überlegungen: Regelmäßig würden synthetische Cannabinoide oder
Amphetamine auf Briefe oder Postkarten getropft und an die Gefangenen
verschickt. Für die Justizangestellten seien diese Drogenbriefe aber kaum
zu erkennen. Die Häftlinge unter Drogeneinfluss wiederum seien teils
„unberechenbar und hoch aggressiv“ und somit eine Gefahr für die
JVA-Bediensteten, die ohnehin unter einer angespannten Personalsituation
litten, heißt es im Antrag. Abhilfe schaffen sollen die Drogenscanner.
Ganz neu ist die Idee nicht. Schon in der vergangenen Legislaturperiode hat
die damals noch existente FDP-Bürgerschaftsfraktion einen fast
gleichlautenden Antrag eingebracht, über den aber bis zum Ausscheiden der
FDP aus der Bürgerschaft nicht mehr entschieden wurde. Vorbild beider
Anträge ist Rheinland-Pfalz, wo die entsprechenden Scanner namens IONSCAN
in einem Pilotprojekt eingesetzt werden. Aber lässt sich das Drogenproblem
damit wirklich lösen?
Sicher nicht, meint Maren Michels vom Landesverband Hamburger
Straffälligenhilfe. Zwar sei auch sie grundsätzlich dafür, dass es weniger
Drogen in den Haftanstalten gebe – auch weil durch die Drogen neue Probleme
für die Gefangenen entstünden. Etwa dass Menschen in Haft Probleme haben,
clean zu bleiben, oder dass sie sich verschulden, weil die Drogen hinter
Gittern nochmal deutlich teurer sind als draußen. „Wir sind aber generell
der Überzeugung, dass man das Drogenproblem nicht mit Repression, sondern
nur mit Aufklärung, Therapie und Entkriminalisierung lösen kann“, sagt die
Sozialarbeiterin.
Schließlich gebe es nirgendwo auf der Welt völlig drogenfreie Haftanstalten
– allen Überwachungsmaßnahmen zum Trotz. Wer die Drogen in die
Haftanstalten einschmuggelt, sei außerdem völlig unklar. Entsprechend wenig
aussichtsreich sei es deshalb, die Post der Gefangenen noch besser zu
durchleuchten. Die Forderung nach Drogenscannern sei nicht mehr als eine
populistische, restriktive Maßnahme: „Selbst wenn man sie einsetzen würde
und damit die Menge an Drogen im Knast um einige Prozent senkt, hilft das
den Menschen nicht“, sagt Michels.
Dass sich das „Einbringen von Betäubungsmitteln“ nicht komplett
ausschließen lässt, gibt auch die Hamburger Justizbehörde zu. Mit dem
Drogenscanner-Modellprojekt in Rheinland-Pfalz sei man aber in engem
Austausch. „Ob und in welcher Form sich Hamburg dann genau daran beteiligen
wird“, könne aber noch nicht gesagt werden.
Abgesehen von allen Überlegungen zu Drogenscannern, würden abhängige
Gefangene in Hamburg aber die medizinische Versorgung bekommen, die sie
benötigen. „Insbesondere wird umfangreich substituiert und es gibt diverse
Beratungs- und Unterstützungsangebote“, heißt es von der Behörde. Egal ob
die Gefangenen krankenversichert sind oder nicht.
Michels begrüßt diese Angebote, sie gehen ihr aber nicht weit genug: „Eine
wirkliche Drogentherapie gibt es in der Haft nicht“, sagt sie. Angebote,
die die Menschen dabei unterstützen, dauerhaft aus dem Kreislauf aus
Drogensucht, Obdachlosigkeit und Knast herauszukommen, gebe es erst nach
der Haft. Hier würden Menschen ohne Krankenversicherungsschutz aber nicht
erreicht, weil sie keinen Anspruch auf die Therapieangebote haben – womit
sie oft wieder mitten im unheilvollen Kreislauf stecken.
19 Nov 2020
## AUTOREN
Lukas Gilbert
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