# taz.de -- „Bremen ist ein Hotspot“ | |
> Khadja Bedati engagiert sich gegen die völkerrechtswidrige Ausbeutung der | |
> Westsahara. Beteiligte Unternehmen, sagt sie, importieren dabei auch über | |
> die stadtbremischen Häfen | |
Bild: Zum Jahrestag des Madrider Abkommens: Am Antikolonialdenkmal sollte die P… | |
InterviewYork Schaefer | |
taz: Frau Bedati, für vergangenen Samstag war am „Elefanten“ eine | |
Protestaktion der Sahrauis geplant, die wegen Corona verschoben wurde und | |
nun als Online-Kampagne stattfindet. Worum sollte es da gehen? | |
Khadja Bedati: Wir wollten ein Zeichen setzen, dass es mit der seit 1975 | |
von Marokko in großen Teilen besetzten Westsahara so nicht weitergeht. Ziel | |
war und ist es, auf die Verantwortung der EU und der Unternehmen aufmerksam | |
zu machen, die in der Westsahara völkerrechtswidrige Geschäfte machen. | |
Der Ort und der Tag der geplanten Aktion hatten eine besondere Bedeutung. | |
Warum am 14. November und warum am Elefanten, dem Bremer | |
Antikolonialdenkmal? | |
Weil die Westsahara die letzte Kolonie Afrikas ist und von der UN seit 1963 | |
als Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung geführt wird. Die ehemalige | |
Kolonialmacht Spanien hat das Land damals nicht dekolonisiert, sondern im | |
Rahmen des Madrider Abkommens, das am 14. November 1975 geschlossen wurde, | |
wie ein Erbe einfach an Marokko und Mauretanien weitergereicht. 1978 hat | |
die spanische Presse dann enthüllt, dass Spanien dafür Fischfangrechte und | |
Anteile am Phosphatabbau in Bou Craa in den heute besetzten Gebieten | |
bekommen hat. Dabei hat kein Staat der Welt diese Annexion anerkannt. | |
Mit der Online-Kampagne fordern die Sahrauis in der deutschen Diaspora auch | |
deutsche Unternehmen auf, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in den | |
besetzten Gebieten und den Handel mit Produkten von dort zu stoppen. Welche | |
Unternehmen sind das? | |
Große Unternehmen wie Siemens, DHL, HeidelbergCement, die Continental AG | |
und ThyssenKrupp. Aber auch kleinere wie Köster Marine Proteins (KMP) aus | |
Hamburg, die Fischmehl aus der Westsahara über die stadtbremischen Häfen | |
importieren. Bremen hat sich hier leider zu einem Hotspot entwickelt, über | |
den große Teile des Fischmehlimports in der Europäischen Union laufen. | |
Dabei positioniert sich Bremen ja recht offen für die Westsahara. Die | |
Bürgerschaft unterstützt das Recht der Sahrauis auf Selbstbestimmung und | |
ein Referendum. | |
Ja, das ist enttäuschend und natürlich ein Widerspruch. Aber es liegt auch | |
an der EU, die sich hier nicht klar positioniert. Die Westsahara ist ein | |
eigenständiges Land und die Unternehmen müssen sich klar darüber sein, dass | |
die natürlichen Ressourcen den Sahrauis gehören und nicht Marokko. Wenn die | |
EU und die Unternehmen Verträge mit unserer rechtlich anerkannten | |
Vertretung, der Frente Polisario, schließen würden, wären auch rechtlich | |
alle auf der sicheren Seite. | |
Sie sprechen regelmäßig für die Kritischen Aktionär*innen auf den | |
Aktionärsversammlungen der Unternehmen. Wie sind da die Reaktionen? | |
Unterschiedlich. Viele Unternehmen sagen, sie wollen Marokko nicht als | |
Partner verlieren. Aber mit Siemens und HeidelbergCement zum Beispiel sind | |
wir im Gespräch, sie bemühen sich darum, Lösungen zu finden. ContiTech aus | |
Hannover dagegen verweigert es, mit uns zu reden. Auch die | |
Fischmehlimporteure von KMP haben auf Anfragen von NGOs wie Western Sahara | |
Resource Watch überhaupt nicht reagiert. | |
Nun gab es am Freitag an der Grenze zwischen den besetzten Gebieten und | |
Mauretanien Kämpfe zwischen Marokko und der Polisario. Was bedeutet das für | |
den Konflikt? | |
Wir sind im Krieg. Marokko ist gegen sahrauische Zivilisten vorgegangen, | |
die friedlich eine illegale Straße blockiert haben. Die UN und die EU | |
müssen jetzt endlich das Referendum über die Selbstbestimmung der Sahrauis | |
organisieren. Wir sind mit unserer Geduld am Ende. | |
16 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
York Schaefer | |
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