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# taz.de -- heute in hamburg: „Es gibt dort kein Korrektiv mehr“
Interview Lukas Gilbert
taz: Herr Heitmeyer, im Titel der Veranstaltung ist von rechten
Bedrohungsallianzen die Rede. Was ist damit gemeint?
Wilhelm Heitmeyer: Verschiedene gesellschaftliche Gruppen liefern mit ihren
Einstellungen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit Legitimation für
den autoritären Nationalradikalismus der AfD. Der liefert wieder
Legitimation für die systemfeindlichen Gruppen der Rechtsextremen und
Neonazis, die dann schon mit Gewalt hantieren und wiederum Legitimation für
rechtsextreme Terrortaten liefern. Wir sprechen in der Forschung von einem
sogenannten konzentrischen Eskalationskontinuum. So schlimm
Einzelereignisse wie der Mord von Walter Lübcke oder die Anschläge in Halle
und Hanau sind – um die Bedrohung unserer offenen Gesellschaft und
liberalen Demokratie einschätzen zu können, muss man das Zusammenwirken
verschiedener Akteursgruppen und die langfristigen Zusammenhänge sehen.
Wie stark ist die Bedrohung von rechts?
Rechte Gewalt hat es schon immer gegeben. Wir haben es aber mit einer
veränderten Situation zu tun, denn das ganze rechte und rechtsextreme
Spektrum hat sich ausdifferenziert und dynamisiert. Die Sprache in
Parlamenten und im öffentlichen Raum wird brutaler. Und die Wählerschaft
der AfD wird stabiler. Das ganze rechte Spektrum ist in eine Offensive
gegangen.
Welchen Anteil hat Antisemitismus an rechter Gewalt?
Überfälle auf Juden, soweit diese sich mit der Kippa im öffentlichen Raum
bewegen, sind offenkundig. Verstärkt wird die Bedrohungslage durch die
Konjunktur von Verschwörungsideologien. Beim Attentäter von Halle konnte
man etwa beobachten, dass Verschwörungsideologien für ihn eine wichtige
Grundlage gebildet haben. Und auch in der Coronadebatte haben
antisemitische Verschwörungsideologien eine sehr große Verbreitung.
Wie wichtig sind Internet und neue Medien bei der Verbreitung solcher
Narrative?
Verschwörungsideologien sind über die neuen Kommunikationswege heute sehr
schnell verfügbar. Wir haben es aber mit einer grundsätzlichen Veränderung
von Öffentlichkeit zu tun. Es gibt mittlerweile parallele Öffentlichkeiten,
in denen sich homogene Gruppen in sogenannten Echokammern treffen. Dort
geht es nicht mehr um Auseinandersetzung, sondern um Aufschaukelung. Es
gibt dort kein Korrektiv mehr und ich sehe momentan nicht, wie man da
wieder rauskommen könnte.
5 Nov 2020
## AUTOREN
Lukas Gilbert
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