| # taz.de -- nord🐾thema: „Auch mal ’ne Online-Kaffeepause einlegen“ | |
| > Der Hamburger Universitätsprofessor Dirk Ulrich Gilbert über die Chancen | |
| > und Grenzen der Online-Moderation und das virtuelle Lehren und Lernen in | |
| > Coronazeiten | |
| Bild: Digitale Vorlesungen wie hier in Mecklenburg-Vorpommern stellen in der Co… | |
| Interview Deborah Kircheis | |
| taz: Herr Gilbert, was ist Online-Moderation überhaupt und wo wird sie | |
| angewendet? | |
| Dirk Ulrich Gilbert: Unter Online-Moderation wird im Allgemeinen die | |
| proaktive Betreuung und Begleitung von Lernenden sowie von | |
| Lern-Arbeitsgruppen im Internet verstanden. Online-Moderation unterstützt | |
| unter Einsatz verschiedener Online-Methoden und Plattformen die | |
| Kommunikation und das Lernen der Studierenden, damit Lernziele bestmöglich | |
| erreicht werden. Online-Moderation kann in allen Bereichen angewendet | |
| werden, in denen Lernprozesse eine wesentliche Rolle spielen. | |
| Haben Sie besondere Erfahrungen im Bereich der Online-Moderation gemacht? | |
| Ja, da habe ich gute und nicht so gute Erfahrungen gesammelt. Neulich habe | |
| ich online eine Vorlesung veranstaltet, in der sehr gute Diskussionen und | |
| Interaktionen miteinander zustande gekommen sind. Auch die Studierenden | |
| waren sehr zufrieden. Aber ich habe auch schon Vorlesungen gehalten, bei | |
| denen ich vor meinem Bildschirm in 350 schwarze Kacheln schaute und nichts | |
| zurück kam. | |
| Gibt es Formate, die für Online-Moderator*innen besser funktionieren als | |
| andere? | |
| Die Online-Lehre funktioniert besser, wenn weniger Studierende an der | |
| Veranstaltung teilnehmen. Außerdem ist es ein Vorteil, wenn man die | |
| Studierenden bereits kennt. Gerade, wenn ich in kleinen Gruppen genau weiß, | |
| wer da sein sollte, lassen sich einige Herausforderungen besser lösen. | |
| Zum Beispiel? | |
| Im normalen Uni-Leben gibt es keine technischen Probleme. Die Studierenden | |
| kommen in das Seminar und wenn sie nicht kommen, sind sie eben nicht da. | |
| Online muss man als Moderator*in aufmerksam dafür sein, dass die | |
| Studierenden technische Probleme haben könnten, dass sie keinen Zugriff auf | |
| die Plattform haben. Wenn ich weiß, wer da sein muss, kann ich | |
| zielgerichteter helfen. In Großveranstaltungen fällt schnell jemand unter | |
| den Tisch. | |
| Gibt es seit Corona eine höhere Nachfrage nach Online-Moderation? | |
| Die Nachfrage ist im Moment auf dem Weg nach oben. Aber wir können sie noch | |
| gut bedienen. | |
| Welche Kurse sind denn derzeit noch besonders gefragt? | |
| Wir haben sehr viele verschiedene Programme. Aber zum Beispiel die | |
| Weiterbildung „Change Management für den digitalen Wandel“ oder der | |
| Master-Studiengang im Bereich Gesundheitsmanagement erleben besonderen | |
| Zulauf. Also Programme, die sich damit beschäftigen, Firmen | |
| zukunftsorientierter zu gestalten. Es ist oft so, dass die Nachfrage nach | |
| solchen Programmen in Krisenzeiten höher ist. Das war auch nach der | |
| Wirtschaftskrise 2008 so. | |
| Was ist das Besondere an Online-Moderation? | |
| Der mögliche Methodenmix. Online bieten die verschiedenen Plattformen die | |
| Möglichkeit, schnell eine Umfrage zu machen und sie auswerten zu lassen, | |
| man kann chatten oder die Studierenden in Break-out-Rooms schicken, in | |
| denen sie untereinander diskutieren können. Das funktioniert sehr gut, aber | |
| es sollten aus meiner Sicht nicht zu viele Methoden gleichzeitig sein, die | |
| man nutzt. | |
| Wo liegen die Herausforderungen der Online-Moderation? | |
| Ich sage immer, der/die Moderator*in kann den Hörsaal nicht so leicht | |
| lesen. In einer richtigen Vorlesung lässt sich besser mit den Studierenden | |
| interagieren, das ist online deutlich schwieriger. Deswegen muss der/die | |
| Moderator*in öfter Feedback einholen und noch aufmerksamer sein. | |
| Außerdem ist die Aufmerksamkeit der Studierenden deutlich angespannter. | |
| Deshalb muss die Lehrperson Empathie für die Situation der Studierenden | |
| entwickeln und auch mal informellen Austausch ermöglichen. Neulich habe ich | |
| eine Online-Kaffeepause eingeplant. Jede*r hat sich einen Kaffee geholt und | |
| wir haben einfach ein bisschen gechattet. | |
| Kann es bei der Online-Moderation auch zu viel des Guten geben? Manche | |
| Veranstaltungen scheinen etwas überdidaktisiert ... | |
| Ja! Ich leite zum Beispiel digital das Master-Programm und verwende nicht | |
| besonders viele didaktische Formate. Aber bei anderen Kolleg*innen geht es | |
| 90 Minuten lang hin und her. Da müssen die Studierenden online einen Video | |
| ansehen, in Break-out-Rooms darüber diskutieren, einen Text lesen und so | |
| weiter. Auf Dauer ist das manchmal zu viel des Guten für die Studierenden. | |
| Es geht aus meiner Sicht darum, ein gesundes Maß zu finden, wie man die | |
| Teilnehmer*innen motivieren kann. | |
| Wie läuft der Lehrbetrieb Ihres Kurses zur E-Moderation in Coronazeiten? | |
| Fast alle Programme finden in digitaler Form statt. Wenn sich Studierende | |
| davon nicht mehr angesprochen fühlen, können sie kostenlos zurücktreten, | |
| denn die Veranstaltungen sind bis ins nächste Jahr hinein digital geplant. | |
| Vor allem, da die Präsenzlehre räumlich und personell sehr herausfordernd | |
| ist. | |
| Warum ist die Kompetenz der Online-Moderation wichtig? | |
| Sie ist wichtig, damit wir in der Lage sind, den Studierenden, trotz | |
| Herausforderungen, didaktisch Wissen zu vermitteln und gemeinsam zu lernen. | |
| Wir wollen Studierende und ihre Sorgen mitnehmen. | |
| 2 Oct 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Deborah Kircheis | |
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