# taz.de -- heute in hamburg: „Algorithmische Systeme sind subjektiv“ | |
Interview Lena Toschke | |
taz: Frau Fetic, wie beeinflussen Algorithmen unseren Alltag? | |
Lajla Fetic: Algorithmen spielen mittlerweile in vielen Bereichen unseres | |
Lebens eine große Rolle. Besonders spannend sind Fälle, in denen sie | |
Entscheidungsprozesse im Hinblick auf unser soziales Miteinander | |
unterstützen. Beispielsweise, wenn es darum geht, wer einen Kredit bekommt. | |
Das hört sich gruselig an. | |
Ja, man muss aber betonen, dass diese Systeme zurzeit in Deutschland vor | |
allem unterstützen, also keine eigenen Entscheidungen treffen. Ein | |
fundamentales Problem ist der Glaube, dass wir durch Technologie alle | |
Probleme lösen können. Bei der Wahl, ob ein Mensch oder eine Maschine | |
unsere Entscheidungen trifft, tendieren einige Menschen zu der Annahme, | |
dass die Maschine neutraler entscheidet als der Mensch. Das ist aber nicht | |
der Fall. | |
Können Sie das genauer erklären? | |
Algorithmische Systeme fußen auf unseren Werten, sind also immer subjektiv | |
und können bestehende Vorurteile reproduzieren. Somit besteht die Gefahr, | |
dass bestimmte diskriminierende Muster bestätigt werden. Beispielsweise, | |
wenn es um die Frage geht, welche Chancen Frauen auf dem Arbeitsmarkt | |
haben. Als Amazon einen solchen Personal-Recruiting-Algorithmus | |
austestete, stellte sich heraus, dass Frauen deutlich benachteiligt wurden | |
– eben weil die IT-Branche insgesamt sehr männlich geprägt ist und das | |
algorithmische System auf Basis bisheriger Job-Einstellungen entschied. | |
Sie sagen, wir brauchen eine KI-Ethik. Warum? | |
Wir müssen sicherstellen, dass bestehende Rechte, wie beim Thema | |
Gleichstellung, umsetzbar bleiben und uns darüber hinaus die Frage stellen: | |
Wollen wir überhaupt, dass Künstliche Intelligenz an dieser Stelle | |
eingesetzt wird, auch wenn sie vielleicht effizienter ist? Auch brauchen | |
wir eine bessere Debatte über Werte wie Fairness oder Transparenz, um | |
Technologien zugänglicher zu machen. | |
Inwiefern? | |
Ich habe den Eindruck, dass die Debatte eurozentrisch geprägt ist. Außerdem | |
haben wir ein Repräsentationsproblem, wenn Technologie vorwiegend von | |
weißen Männern im Silicon Valley entwickelt wird. Ich würde mir wünschen, | |
dass mehr Frauen und marginalisierte Gruppen zu Wort kommen, für die solche | |
Technologien zukunftsweisend sein können. | |
22 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Lena Toschke | |
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