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# taz.de -- petition der woche: Fingerabdruckpflicht im Ausweis kehrt die Unsch…
Der Fingerabdruck ist ein Merkmal, das jeden Menschen einzigartig macht –
auch eineiige Zwillinge haben nicht den gleichen. Dieses Liniengewirr,
welches wir auf fast jeder Oberfläche hinterlassen, nutzt die sogenannte
Daktyloskopie seit fast 130 Jahren, um Menschen zu identifizieren. Weltweit
sind in vielen Pässen daher auch die Fingerabdrücke der Besitzer*innen zu
finden; im deutschen Pass seit 2007.
Ab dem 2. August 2021 sollen Abdrücke des linken und rechten Zeigefingers
auch auf dem Chip jedes deutschen Personalausweises gespeichert werden.
Bislang war das freiwillig. Grund für die Fingerabdruckpflicht ist eine
EU-Verordnung zur Vereinheitlichung von Personalausweisen vom Juni 2019. So
sollen die Ausweise aller 27 Mitgliedsstaaten künftig unter anderem
maschinenlesbar sein, Kreditkartenformat haben und Fingerabdrücke
enthalten. Mit der Speicherung der Abdrücke bekämpfe man den Missbrauch
durch ähnlich aussehende Personen sowie Fälschungen dieser Dokumente.
Im Europaparlament stimmten die Abgeordneten nur mit einer knappen Mehrheit
für diese Regelung. Vor allem vonseiten der Sozialdemokraten, Grünen und
Linken wird Kritik geäußert. SPD-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann
erklärt, sie unterstütze höhere Sicherheitsstandards für Personalausweise
in der EU. „Die verpflichtende Speicherung der Fingerabdrücke ist jedoch
unverhältnismäßig und nicht notwendig.“
Ähnlich sieht das auch der Verein Digitalcourage, der sich für Grundrechte
und Datenschutz engagiert. Die Mitglieder haben [1][eine Petition an die
Bundestagsabgeordneten] gestartet, die am 10. September 2020 über ein
Gesetz zur Umsetzung der EU-Regelung in Deutschland entscheiden sollen.
„Alle Bürgerinnen und Bürger werden wie potenziell Tatverdächtige und
Verbrecher behandelt, wenn sie ihre Fingerabdrücke abgeben müssen“, sagt
Rena Tangens, Vorsitzende von Digitalcourage. Die Speicherung der Abdrücke
bedeute eine lebenslange Kontrolle. Bürger*innen könnten sich nicht vor
Verfolgung schützen.
Der Verein fordert, in diesem Kontext auch auf die deutsche Geschichte zu
blicken. Diese zeige, wie schnell Daten gegen die Bevölkerung eingesetzt
werden können. Ralf Bendrath, politischer Referent für die Grünen im
EU-Parlament, schreibt dazu: „Ausweise gehen in Deutschland auf die von den
Nazis ab 1938 eingeführte „Kennkarte“ zurück, deren Mitführen für Juden
zwingend war. In Spanien wurde die Erfassung von Fingerabdrücken für die
nationale Identitätskarte 1940 während der Franco-Diktatur eingeführt. Was
nun allen BürgerInnen aufgenötigt wird, steht also ganz klar in der
Tradition verbrecherischer Regime.“
Digitalcourage fürchtet zudem, dass Geheimdienste, in- und ausländische
Behörden sowie kommerzielle Dienstleistende sich Zugriff auf die Daten
verschaffen könnten. Auch könne der kontaktlos auslesbare Chip, auf dem die
Fingerabdrücke gespeichert werden sollen, geknackt werden. Bislang haben
fast 9.700 Menschen die Petition unterzeichnet (Stand 2. 9. 2020). Falls
das Gesetz am 10. September 2020 trotz ihres Protestes beschlossen werden
sollte, will Digitalcourage wenn möglich juristisch gegen die
Fingerabdruckpflicht vorgehen. Christina Focken
5 Sep 2020
## LINKS
[1] https://aktion.digitalcourage.de/perso-ohne-finger
## AUTOREN
Christina Focken
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