# taz.de -- Lohndrückerei am Flughafen | |
> Die Linksfraktion und Ver.di fordern bessere Tarifbedingungen für eine | |
> Service-Gesellschaft des Hamburger Flughafens. Schließlich gehörten der | |
> Stadt Anteile | |
Bild: Arbeit nah am Reisenden: Check-in am Flughafen | |
Von Laura Strübbe | |
Die Bürgerschaftsfraktion Die Linke hat die Gleichbehandlung aller | |
Beschäftigten am Hamburger Flughafen gefordert. Während die Beschäftigten | |
des Bodendienstleisters Aviation Handling Services (AHS) Hamburg für 10,69 | |
Euro die Stunde arbeiten, erhalten die Mitarbeiter*innen des | |
Flughafenbetreibers Flughafen Hamburg GmbH (FHG) knapp 20 Euro die Stunde. | |
Die FHG gehört zu 51 Prozent der Stadt. Mehr noch: Mit den 10,69 Euro | |
liegen die AHS-Beschäftigten unter dem Mindestlohn von zwölf Euro für | |
Beschäftigte der Stadt und der städtischen Unternehmen. | |
Domenico Perroni, Gewerkschaftssekretär bei Ver.di wirft dem Flughafen | |
Hamburg vor, mit der Beauftragung des Subunternehmens Lohndumping zu | |
betreiben, um Fluggesellschaften anzulocken und ein besseres Geschäft zu | |
machen. Die Stadt schöpfe Gewinne ab, kritisiert Perroni, „doch wenn es | |
brenzlig wird, zieht sie sich aus der Verantwortung“. | |
Ver.di und Die Linke schlagen vor, die Stadt solle die AHS kaufen und in | |
die Flughafengesellschaft integrieren, um gleiche Tarifbedingungen für alle | |
Beschäftigten zu schaffen. | |
Denn obwohl die AHS-Beschäftigten Seit’an Seit’mit denen der | |
Flughafengesellschaft arbeiten, sind sie in vielerlei Hinsicht schlechter | |
gestellt. Im Gegensatz zum Flughafen stockt die AHS das staatliche | |
Kurzarbeitergeld nicht auf. Dabei seien „die Menschen, die direkt für die | |
FHG arbeiten, nicht qualifizierter als unsere Mitarbeiter“, sagt | |
Betriebsrätin Britta Fengler. | |
Erschwerend komme hinzu, dass viele AHS-Mitarbeiter*innen keine festen | |
Verträge mit garantierter Stundenzahl hätten – sie arbeiteten, wenn sie | |
gebraucht würden. Die Kurzarbeit treffe sie daher umso härterIn Fenglers | |
Augen hätte die Stadt schon längst tätig werden sollen. „Die AHS ist das | |
letzte Glied an der Kette des Flughafens“, sagt die Betriebsrätin. Jeden | |
Tag setzten sich die Beschäftigten der AHS Hamburg einem hohen | |
Infektionsrisiko im Umgang mit den Urlauber*innen und ihren Reisedokumenten | |
aus. Bis heute stelle ihnen der Flughafen kein Desinfektionsmittel zur | |
Verfügung – anders als versprochen und anders als bei den eigenen | |
Mitarbeiter*innen. | |
Der Senat zieht sich mit dem Argument aus der Affäre, dass die AHS „ein | |
selbstständiges, bundesweit tätiges Unternehmen“ sei und der Flughafen | |
Hamburg an der AHS „nur eine Minderheitsbeteiligung“ halte, wie Christian | |
Füldner, der Sprecher der Wirtschaftsbehörde, sagt. | |
Die AHS Hamburg gehört laut der Website des Flughafens zu 51 Prozent | |
mehrheitlich der AHS Holding, an der mehrere Flughäfen, darunter auch | |
Hamburg mit 27,25 Prozent, beteiligt sind. Das ergibt wiederum einen | |
Direktanteil an der AHS Hamburg von 13,9 Prozent. | |
Die Linksfraktion sieht das mit den Anteilen etwas anders. Sie behauptet, | |
die FHG hätte einen Mehrheitsanteil von 62,9 Prozent an der AHS Hamburg. | |
Das rechnet der Abgeordnete Michél Pauly in dem Bürgerschaftsantrag vor. Er | |
ist der Überzeugung, dass die Service-Gesellschaft „HAM Ground“, die den | |
restlichen Anteil von 49 Prozent an der AHS Hamburg besitzt, eine „leere | |
Hülle der Flughafen Hamburg GmbH“ sei. Addiere man nun die 49 Prozent zu | |
den 13,9 Prozent, erhalte man ein mittelbares Eigentum von 62,9 Prozent. | |
Behördensprecher Füldner ziert sich mit einem Statement zum Thema | |
Mehrheitsbeteiligung. Auf mehrfaches Nachfragen hin teilt er mit: „Die | |
mittelbar von der FHG über HAM Ground Handling gehaltenen | |
Minderheitsanteile von 49 Prozent an der AHS Hamburg spielen keine Rolle.“ | |
Mit 49 Prozent sei die HAM Ground kein bestimmender | |
Mehrheitsgesellschafter. Deshalb ließen sich die Gesellschaftsanteile nicht | |
einfach addieren, um die Stadt zur Mehrheitsgesellschafterin hoch zu | |
rechnen. | |
Betriebsrätin Fengler ärgert sich besonders darüber, dass die AHS das | |
Kurzarbeitergeld nicht aufstockt, weil sie vermutet, dass der Hamburger | |
Flughafen der AHS mit einem Darlehen über die schlimmste Corona-Zeit hinweg | |
geholfen habe. Am Anfang der Pandemie soll AHS-Geschäftsführerin Amélie | |
Charisius noch davon gesprochen haben, dass man gerade so die ersten vier | |
Wochen überstehen werde, jetzt wirke sie sichtlich gelassener. | |
Fengler ist deshalb der festen Überzeugung: „Es muss Geld geflossen sein“ … | |
von der FHG an die AHS Hamburg. Auch die Linksfraktion und der | |
Gewerkschaftssekretär Perroni gehen von einem Darlehen aus. Die | |
Geschäftsführung der AHS Hamburg will diese Behauptung weder bestätigen | |
noch dementieren. FHG-Pressesprecherin Janet Niemeyer war nach einer ersten | |
Kontaktaufnahme nicht mehr zu erreichen. | |
Auch wegen des aus ihrer Sicht risikobehafteten Darlehens fordert die | |
Linksfraktion in ihrem Antrag vom Senat, die AHS Hamburg durch den Kauf von | |
Anteilen in die FHG zu integrieren. Mit Blick auf die Beschäftigten | |
verspricht sich Betriebsrätin Fengler davon aber nicht viel: „Sie werden | |
nur die integrieren, die sie auch wirklich brauchen.“ Alle anderen würden | |
ihren Job verlieren, prophezeit sie. | |
Doch soweit dürfte es erst gar nicht kommen. „Es ist weder für den | |
Hamburger Flughafen erforderlich, noch durch die Gesellschafter | |
beabsichtigt, die klar dokumentierten Anteilsverhältnisse zu ändern“, sagt | |
Füldner. | |
13 Aug 2020 | |
## AUTOREN | |
Laura Strübbe | |
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