# taz.de -- Michelle Demishevich: Berlin statt Toronto | |
2016 war für mich ein sehr schweres Jahr in Istanbul. Ich hatte kein Geld | |
und keine Arbeit, dafür viel Angst und sorgte mich um meine Sicherheit. | |
Nach dem Putschversuch war das Leben für mich als oppositionelle | |
Journalistin immer schwerer geworden. Also wollte ich Istanbul verlassen | |
und nach Kanada gehen. Eine Kollegin wollte mir helfen, aus dem Land zu | |
kommen. Da schlug die in Deutschland lebende feministische Journalistin | |
Sibel Schick mich für das zweisprachige Medienprojekt taz.gazete vor. Als | |
mich dann die damals federführende feministische Journalistin Fatma Aydemir | |
anrief und fragte: „Willst du für uns arbeiten?“, habe ich, ohne zu zöger… | |
zugesagt. Alles ist Kismet, und so bin ich statt in Toronto in Berlin | |
gelandet. | |
Ich habe mich für Berlin entschieden, weil ich die Möglichkeit bekommen | |
sollte, an einem großen Medienprojekt mitzuarbeiten. taz.gazete war für | |
mich eine gute Gelegenheit, die deutsche Medienbranche kennenzulernen und | |
meine journalistischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Und ich habe viele | |
bezaubernde Menschen kennengelernt. Drei wunderbare Frauen, mit denen ich | |
bei taz.gazete gearbeitet habe, haben mich persönlich sehr weitergebracht: | |
Fatma, Elisabeth und Ebru. Ihnen verdanke ich unglaublich viel. | |
Aber es gibt natürlich auch Sachen, die mich geärgert haben. Die anderen | |
Personen, die in der türkischen Redaktion arbeiten, hätten auch mir eine | |
feste Stelle schaffen können. Das hat leider nie geklappt. Immer war ich | |
die, die regelmäßig Artikel von außen geschickt hat. Wenn ich einen Vertrag | |
bekommen hätte, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Vielleicht wäre | |
mir viel Leid erspart geblieben. Aber so wollte es das Schicksal | |
anscheinend. Zuallerletzt will ich noch allen taz.gazete-Leser*innen aus | |
tiefstem Herzen danken. Trotz des bitteren Beigeschmacks der letzten | |
Seiten von taz.gazete sende ich Ihnen die liebsten Grüße. Leben Sie wohl. | |
Übersetzung: Julia Lauenstein | |
24 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Michelle Demishevich | |
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