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# taz.de -- heute in hamburg: „Die Faschos haben es zerstört“
Interview Maike Krob
taz: Frau Stroux, wie trauern Hinterbliebene von ertrunkenen Flüchtlingen?
Marily Stroux: Es ist schwer zu begreifen, dass ein Freund oder
Familienmitglied vermisst wird. Sie haben keine Leiche, die sie begraben
können. Sie wollen nicht glauben, dass die Person ertrunken ist. Deshalb
verlangen sie immer, dass man ihnen den Toten zurückschickt, was fast
unmöglich ist. In den meisten Fällen findet man den Körper nicht oder erst
viel später.
Deswegen errichten Sie die Denkmäler?
Ja. So haben wir angefangen mit den Memorials. Wir hatten zwei konkrete
Menschen zum Anlass: Der eine hatte seine Frau verloren und der andere
seinen besten Freund. Wir sind an die Stelle gegangen, wo sie
höchstwahrscheinlich ertrunken sind. Es war wichtig einen temporären Ort zu
haben, wo für eine kurze Zeit Respekt gegenüber dem Toten und der Toten
gezeigt wird.
Wer ist „wir“?
Wir sind das Netzwerk Welcome to Europe, das aus Menschen aus mehreren
Ländern besteht. Ein großer Teil der Menschen war auf der Flucht und hat
jetzt Papiere in Europa. Sie reisen zurück an die Grenzen.
Und wo stehen die Denkmäler?
Wir haben bis jetzt eins in Evros und zwei in Lesbos gemacht, wo auch das
„Memorial in Thermi“ steht. Lesbos und Evros sind Bezirke in Griechenland.
Wie sieht das „Memorial in Thermi“ aus?
Wir haben zwei Paddel aneinander geschraubt und ein Schild daran
angebracht. Das Memorial stand im Fischerhafen von Thermi, das ist ein
Hafen auf Lesbos. Von diesem Hafen aus fahren die Fischer auf das
Mittelmeer raus. Es gibt einen Fischerklub, der sich vor oder nach dem
Fischen trifft, und von ihnen wollten wir das Einverständnis für den Ort,
weil einige von ihnen dort die Leichen der Flüchtlinge bergen. Davon sind
diese Fischer traumatisiert. Das Denkmal stand an der Stelle, wo sie die
letzte Leiche geborgen haben.
Haben Sie vor, den Ort wieder zu besuchen?
Wir gehen jedes Jahr zu der Stelle, aber das „Memorial in Thermi“ ist nicht
mehr da. Die Faschos haben es zerstört. Sie haben die Namen schwarz
übermalt und es dann ganz ins Meer geworfen. Wir haben nur Teile von den
Paddeln gefunden. Wir wollen es wieder aufbauen, aber wissen noch nicht wo.
Wir arbeiten daran, dass die lokalen Bewohner es auch zu ihrer Sache
machen, dass Menschen in der Nähe ihres Ortes sterben.
6 Aug 2020
## AUTOREN
Maike Krob
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