# taz.de -- heute in hamburg: „Millionen haben mitgehetzt“ | |
Interview Maike Krob | |
taz: Herr Speit, warum gibt es keine linken Egoshooter? | |
Andreas Speit: Linke Positionen sind nach und nach weggedrängt worden. Es | |
hat Kampagnen gegeben von Rechten im Internet, um feministische Positionen | |
zu verdrängen. Frauen sind dort massiv angegangen worden, wenn sie auf | |
Sexismus oder Rassismus in der Gamerszene aufmerksam gemacht haben. | |
Wer ist der „rechte Egoshooter“? | |
Das Persönlichkeitsprofil ist gekennzeichnet von Personen, die jung sind. | |
Meistens haben diese keine festen Beziehungen, auch keine festen | |
Partnerschaften. Die berufliche Situation ist unterschiedlich. Aber | |
festzustellen ist, dass sie alle einen enormen Hass gegen Frauen haben. | |
Dieser ist verbunden mit einem Judenhass, der eine lange Tradition hat. Die | |
ideologische Substanz hat eine Historie, die bis in das 17. Jahrhundert | |
hineingreift. | |
Wann wird dieser Hass zu Terrorismus? | |
Uns war erst mal wichtig herauszuarbeiten, dass wir es mit einem neuen | |
Tätertyp zu tun haben. Wann dieser sich radikalisiert, ist unglaublich | |
schwer einzuschätzen. Deswegen warnen wir davor, das als einzelnes | |
Internetphänomen abzutun. Hier kommt es eben auch darauf an, wie sich das | |
soziale Umfeld ausgestaltet. | |
Sind Egoshooterspiele ein Vorbild für Täter? | |
Wer spielt, wandert nicht gleich nach rechts. Aber in den letzten Jahren | |
haben sich international gerade junge Männer vernetzt und dann konkret | |
radikalisiert. In diesem Kontext muss man sagen, dass sich einige der | |
rechten Terroristen tatsächlich dort sozialisiert und radikalisiert haben. | |
Diese haben dann versucht, ihre Taten durch Livestreams weltweit publik zu | |
machen. Viele sind deswegen zu Helden in ihrem Milieu geworden. Weil man | |
live verfolgen konnte, wie sie Menschen angegriffen und ermordet haben. Sie | |
werden dafür gefeiert. | |
Stecken Organisationen hinter den einzelnen Tätern? | |
Tatsächlich wissen wir von den aktuellen Tätern, die in den USA, in | |
Norwegen und in Deutschland gemordet haben, dass sie nicht in festen | |
Organisationen eingebettet gewesen sind. Aber sie sind fest integriert | |
gewesen in Hassgruppen und sozialen Netzwerken. Daher sagen wir, dass sie | |
einzeln gehandelt haben, aber kollektiv aufgehetzt worden sind. Kurz | |
gesagt: Ja, einer hat geschossen, aber Millionen haben mitgehetzt. | |
16 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Maike Krob | |
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