# taz.de -- Die Polizei ist überall | |
> Die Videoüberwachung am Hansaplatz schreckt mögliche Täter*innen ab, das | |
> zeigt eine Bilanz der Innenbehörde. Doch nicht alle Anwohner*innen fühlen | |
> sich damit sicherer. Eine Stadtteilinitiative fordert stattdessen mehr | |
> Freiräume, Kultur und Zivilcourage | |
Bild: Nicht bei allen Anwohner*innen beliebt: Kameras am Hansaplatz | |
Von Laura Strübbe | |
Für die Polizei sind die 16 Kameras, die sie am Hansaplatz aufgestellt hat, | |
eine Erfolgsgeschichte. Diebstähle, Raub, Körperverletzungen, Sexual- und | |
Drogendelikte gebe es auf dem Platz im Stadtteil St. Georg nun viel | |
seltener. Die Zahl der Straftaten sei mit der Videoüberwachung ab August | |
2019 um mehr als die Hälfte zurückgegangen, verkündet die Innenbehörde bei | |
der Vorstellung der ersten Bilanz. Während es von August bis Januar 2018/19 | |
ohne Kameras noch 960 registrierte Straftaten gegeben habe, seien es im | |
gleichen Zeitraum ein Jahr später nur noch 445 gewesen. | |
Laut dem örtlichen Polizeikommissariat sei der Platz sauberer geworden und | |
die Lebensqualität habe sich verbessert. Anwohner*innen, Gewerbetreibende | |
und Passant*innen hätten sich Beamt*innen gegenüber so geäußert. | |
Anwohner Harald Heck ist über diese Einschätzung wütend. Für ihn habe sich | |
durch die Kameras nichts verbessert, sagt er. Manchmal wache er mitten in | |
der Nacht auf, wenn eine Frau auf dem Platz schreie oder Menschen laut | |
stritten. Mittlerweile sei die Situation für ihn so unerträglich, dass er | |
sogar in seinem Schrebergarten schlafe. | |
Heck fühlt sich in seiner Wohnung zudem überwacht. Drei Kameras sind auf | |
sein Wohnzimmer gerichtet. Heck kann die Aufnahmen nicht bei der Polizei | |
einsehen. Er weiß nicht, wie viel auf ihnen zu sehen ist. Der taz gegenüber | |
versichert die Innenbehörde, dass solche privaten Bereiche verpixelt | |
würden. | |
Doch Heck zweifelt auch an der Wirkung der Kameras für die | |
Kriminalitätsprävention: Straftaten würden außerhalb des Sichtfeldes der | |
Kameras weiterhin begangen. | |
Der Sprecher der Innenbehörde Frank Reschreiter geht hingegen im Gespräch | |
mit dem NDR davon aus, dass die Videoüberwachung mögliche Täter*innen | |
abschrecke. Dabei würden sich Straftaten nicht in umliegende Straßen | |
verlagern. „Die Kameraüberwachung zeigt Wirkung“, sagt Reschreiter | |
Auf die Nachfrage der taz, ob es nun überall in der Stadt Kameras geben | |
könne, sagte er: „Videoüberwachung kommt nur dort in Frage, wo es eine | |
erhöhte Belastung durch Straftaten gibt.“ | |
Zudem habe man vor einem Jahr nicht einfach über Nacht Kameras angebracht. | |
Die Polizei führte Gespräche mit Anwohner*innen, die Hamburger | |
Datenschutzbeauftragte prüfte die Überwachungsmaßnahmen. | |
2007 wurde der Hansaplatz schon einmal mit Kameras überwacht. Wegen | |
zunehmender Proteste von Anwohner*innen wurde der Versuch wieder | |
eingestellt. Heute herrsche ein anderes Bewusstsein darüber, wie | |
Videoüberwachung ablaufen könne. „Menschen fühlen sich dadurch in | |
öffentlichen Räumen sicherer“, glaubt Reschreiter. Die Innenbehörde habe | |
sich um Transparenz bemüht. Deshalb gebe es in der Nachbarschaft laut | |
Reschreiter weniger Vorbehalte. | |
Anwohner Heck lässt sich davon nicht überzeugen. Sein Vorschlag: Anstatt | |
restriktiv vorzugehen, solle die Stadt Sozialpolitik betreiben. | |
„Angebote statt Verbote“ ist auch die Devise der Stadtteilinitiative, deren | |
Ziel schon im Namen steckt: „Statt Kamera“ fordern sie Privatsphäre, | |
Freiräume, Zivilcourage und Kultur. Sie wollen die Aufenthaltsqualität am | |
Hansaplatz verbessern, etwa durch Bänke. | |
Doch der Vorschlag wurde vom Bezirksamt abgeschmettert. Es müssten andere | |
Menschen zum Hansaplatz gelockt werden, aber auch dort herumlungernden | |
Menschen mit Migrationshintergrund das Gefühl gegeben werden, dass sie hier | |
nicht unerwünscht seien, sagt Ulrich Gehner von der Initiative. | |
„Videoüberwachung kostet nicht nur einen Batzen an Geld, es werden auch | |
Polizeikräfte gebunden.“ | |
14 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Laura Strübbe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |