# taz.de -- petition der woche: Belohnen, nicht besteuern | |
Secondhandprodukte sind nachhaltig, und die Preise sind niedrig. Die alten | |
Möbelstücke oder die individuelle Kleidung sehen zugleich oft cool aus. | |
Doch viele Secondhandgeschäfte fürchten derzeit um ihr Überleben. Und so | |
fordert eine Petition nun, dass Secondhandbetriebe null Prozent | |
Mehrwertsteuer entrichten sollten. | |
Zwar hat die Bundesregierung die Mehrwertsteuer bereits gesenkt, um Konsum | |
und Konjunktur in der Corona-Pandemie anzukurbeln. Für die Verfasserin der | |
Petition, Daniela Kaminski, und ihre Unterstützer*innen ist aber völig | |
klar, dass eine lediglich niedrigere Mehrwertsteuer für die Branche nicht | |
ausreichend ist. Mit einer Onlinepetition möchte sie den Bundesminister für | |
Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, dazu bringen, den | |
gesellschaftlichen, ökologischen und sozialen Beitrag der | |
Secondhandgeschäfte anzuerkennen: Er soll die Steuer beim Verkauf von | |
Secondhandprodukten auf null Prozent setzen, außerdem soll die Branche von | |
den üblichen Entsorgungskosten freigestellt werden. | |
Daniela Kaminski hatte einst selbst einen Secondhandladen, außerdem ist sie | |
Mitbegründerin des Bundesverbandes Secondhand. „Anders als die | |
Fast-Fashion-Industrie, die es mit gutem Marketing immer wieder schafft, | |
uns einzureden, dass wir mit dem Kauf ihrer Produkte den nachhaltigen | |
Konsum fördern, gehen Secondhandläden wirklich gegen diesen ökologischen | |
Irrsinn vor. „Das muss endlich belohnt und nicht besteuert werden“, sagt | |
sie. | |
Gebrauchte Produkte sind nicht unbedingt ökologisch oder unter fairen | |
Bedingungen hergestellt, aber sie sind bereits angefertigt und benutzt. | |
Ihre Wiederverwendung reduziert die Belastung für die Umwelt. Allein der | |
enorme Wasserverbrauch beim Färben von Kleidung spricht für den Kauf in | |
Secondhandshops: Eine einfache Jeans verursacht einen Wasserverbrauch von | |
8.000 Litern. Kaminski ist der Meinung, dass die Modeindustrie einer der | |
größten Klimakiller und Umweltverschmutzer unserer Zeit ist: „Die | |
Modeindustrie ist Ressourcenfresser, benötigt unglaublich viel Wasser, | |
verschmutzt mit Chemikalien unser Trinkwasser, und die Kleidung lässt sich | |
aufgrund ihres oft hohen Plastikanteils nicht zersetzen.“ | |
In gebrauchter Kleidung sind weniger Chemikalien enthalten. Sie wurde | |
bereits mehrfach gewaschen, sodass die bedenklichen Stoffe bereits | |
ausgewaschen sind. Und Nachhaltigkeit liegt weiter voll im Trend, das hat | |
auch die Industrie längst begriffen, auch die Modebranche. Mit Brands wie | |
„H&M Conscious“ wendet sie sich erfolgreich an eine umweltbewusste | |
Klientel. Wenn man sich aber die Zahlen ansieht, kann einem die Ironie | |
dabei kaum entgehen: Jährlich werden mehr als hundert Milliarden | |
Kleidungsstücke hergestellt. „Das sind mehr, als alle Menschen auf diesem | |
Planeten jemals auftragen können“, betont Kaminski. | |
Doch ausgerechnet die Secondhandgeschäfte müssen schließen. Sie finden | |
zwischen Online-Angeboten und steuerlichen, gesetzlichen und sonstigen | |
Auflagen ihren Platz nicht mehr, so die Petition. Die Gewinnspanne sei zu | |
niedrig, während der Arbeitsaufwand hoch sei. Das schreckt vor allem junge | |
Gründer*innen von einer Übernahme ab – und genau das will die Initiatorin | |
mit ihrer Petition ändern. Negin Behkam | |
11 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Negin Behkam | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |