# taz.de -- corona in hamburg: „Sind für Abschiebungen nicht zuständig“ | |
Interview Michelle Bauermeister | |
taz: Frau Deutschmann, wie beraten Sie Menschen, die in ihr Herkunftsland | |
zurückkehren müssen oder wollen? | |
Solveigh Deutschmann: Wir sind eine unabhängige Beratungsstelle und | |
arbeiten ergebnisoffen. Wenn die Ausländerbehörde dem Ratsuchenden einen | |
negativen Asylbescheid erteilt, dann ist der erste Schritt, darüber zu | |
sprechen: Was wäre wenn? Wir begleiten die Betroffenen bis zu dem Moment | |
der eventuellen Rückkehr. Wir nennen es Perspektiv- und Rückkehrberatung. | |
Es geht um eine Perspektive zur Nachhaltigkeit für die Rückkehr ins | |
Heimatland. Wir stellen die Möglichkeiten der Förderungen vor und begleiten | |
Betroffene bei Bedarf zu den Behörden. | |
Wie hat sich die Rückkehrberatung in Zeiten von Corona verändert? | |
Mittlerweile machen wir auch Beratungen am Telefon und über Zoom mit | |
DolmetscherInnen. Es war zunächst eine Herausforderung, weil die | |
Beziehungsarbeit das Wichtigste ist, und wenn man sich nicht sieht, ist das | |
schwierig. Viele, für die die Rückkehr angestanden hat, sind jetzt in einer | |
Warteschleife. | |
Auch mit der Beratung erscheint die Rückkehr oft nicht freiwillig. | |
Bei der Beratung spielt die Würde eine große Rolle. Diese Menschen haben | |
wirklich eine Chance, sich zu entscheiden. Sie werden beraten und in dieser | |
Situation unterstützt. Es muss klar sein, dass unsere Arbeit unabhängig und | |
ergebnisoffen ist. Das ist wichtig für die Gesellschaft zu wissen, weil | |
viele die Sorge haben, dass wir Abschiebungen unterstützen – das ist nicht | |
so. Wir sind für Abschiebungen nicht zuständig. Wir erläutern die | |
freiwillige Rückkehr. Die Menschen müssen wissen, worauf sie sich einlassen | |
und welche Konsequenzen es gibt. | |
Mit welchen Problemen ist eine Rückkehr derzeit behaftet? | |
Zum einen müssen wir sehr genau abfragen, ob es überhaupt Flüge in die | |
Herkunftsländer gibt. Und die Schwierigkeiten liegen in allererster Linie | |
bei den Menschen, die beispielsweise medizinische Fälle sind. Zudem haben | |
die Menschen, die vor Covid-19 hätten abreisen müssen, laut Erlasslage eine | |
Duldungsverlängerung. Auch sie müssen wir entsprechend begleiten. Der | |
Zugang zu den Botschaften unter anderem für Passbeschaffungen ist noch | |
nicht gesichert. Die Hygienemaßnahmen müssen wir im Vorfeld eruieren und | |
kommunizieren. Und auch wissen, wie das im Herkunftsland ist: Muss die | |
Person dort in Quarantäne? | |
Zu der perspektivischen Unsicherheit kommt die Verunsicherung durch Corona. | |
Die Menschen haben Sorgen um ihre Familien. Deswegen gibt es auch die, die | |
unbedingt zurück wollen. | |
19 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Michelle Bauermeister | |
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