| # taz.de -- portrait: Aus dem Busch an die Staatsspitze | |
| Wenn heute in Burundi die zweite Runde der Parlamentswahlen stattfindet, | |
| dürfte zugleich das Ergebnis der Präsidentschaftswahl drei Wochen später | |
| feststehen: Pierre Nkurunziza, Führer von Burundis größter | |
| Hutu-Rebellenbewegung CNDD (Nationalkomitee zur Verteidigung der | |
| Demokratie) wird siegen, wenn am 19. August die beiden Parlamentskammern | |
| ein neues Staatsoberhaupt bestimmen. Die Wahlen zum Unterhaus hat die CNDD | |
| bereits klar gewonnen; die heutige Wahl zum Senat, die den Wahlprozess | |
| abschließt, wird kein anderes Ergebnis zeitigen. Damit soll Burundis | |
| blutiger Bürgerkrieg von 1993–2003 enden, bei dem 300.000 Menschen starben. | |
| Streng gläubig, guter Fußballer und intellektuell – so bezeichnen Burunder | |
| ihren zukünftigen Präsidenten und schreiben ihm damit gleich drei im Land | |
| hoch angesehene Qualitäten zu. Geboren am 18. Dezember 1963 in der | |
| Hauptstadt Bujumbura, wuchs der Hutu in der Nordprovinz Ngozi auf, wo sein | |
| Vater einst Gouverneur gewesen war und 1972 Massakern der Tutsi-Armee an | |
| Hutu zum Opfer fiel. Später wurde Pierre Nkurunziza Lehrer für Psychologie | |
| und Pädagogik. Er unterrichtete sogar an Burundis Militärakademie, die | |
| viele seiner späteren Feinde durchlaufen haben. Das alles war vor dem | |
| Bürgerkrieg, dem fünf seiner sieben Geschwister zum Opfer gefallen sind. | |
| 1995, zum Höhepunkt der Kämpfe zwischen Hutu-Rebellen und Tutsi-Armee, ging | |
| er in den Untergrund – erst im Dezember 2003, nach dem Friedensvertrag mit | |
| der Regierung, kam er wieder hervor. | |
| Nkurunziza steht für einen überethnischen CNDD-Diskurs, der bei der | |
| Gründung der Bewegung 1993 noch oft zu hören war, später aber immer | |
| seltener. Er weist im Einklang mit vielen Burundern darauf hin, dass es in | |
| Burundi nicht um Hutu gegen Tutsi gehe, sondern um das entrechtete Volk | |
| beider Gruppen gegen eine diebische Elite aus Tutsi und Hutu. Allerdings | |
| kämpfen in der CNDD durchaus auch Hutu-Extremisten, die ähnlich wie 1994 in | |
| Ruanda die Tutsi auslöschen wollen. Diesem Erbe stellt sich Nkurunziza | |
| kaum. Die Einbindung seiner Bewegung in Burundis Friedensprozess wurde | |
| durch die Zusicherung von Straflosigkeit erkauft. | |
| Aber als Machtpolitiker wettert Nkurunziza heute gegen „Spaltungspolitik“ | |
| und sieht sich als Hüter der „nationalen Einheit“ – genau wie die | |
| Tutsi-dominierte Regierung in Ruanda. Die politische Grundlage von Burundis | |
| Friedensprozess – die Ämterquotierung zwischen Hutu und Tutsi – lehnt | |
| Nkurunziza als „Zeitbombe für zukünftige Generationen“ ab. Aber diesen | |
| Friedensprozess wird er als Präsident erfüllen müssen. DOMINIC JOHNSON | |
| 29 Jul 2005 | |
| ## AUTOREN | |
| DOMINIC JOHNSON | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |