# taz.de -- wie machen sie das?: Der stille Beobachter | |
Jan Haft, 52, filmt seit mehr als 35 Jahren Tiere und Pflanzen, zuletzt | |
drehte er den Dokumentarfilm [1][„Die Wiese – Ein Paradies nebenan“.] Er | |
lebt in Dorfen bei München und betreibt die Produktionsfirma Nautilusfilm. | |
taz am wochenende: Herr Haft, Sie müssen manchmal sehr lange warten, bis | |
Ihnen ein Tier vor die Kamera läuft. Wie machen Sie das? | |
Jan Haft: Das ist weniger qualvoll, als man sich das vielleicht vorstellt. | |
Wenn ich den Auerhahn filmen will, muss ich schon am Tag vorher da sein und | |
dann auf die Aufnahmen warten. Dabei bin ich sehr fokussiert, obwohl ich | |
eigentlich ein hektischer Mensch bin – es ist sehr wohltuend und gar nicht | |
langweilig, auf etwas Schönes zu warten. | |
Dauert das Filmen immer so lange? | |
Manches geht ganz schnell.Wir haben einen Film über Wildbienen gemacht, die | |
scheren sich nicht drum, ob man neben ihnen steht. Wenn man weiß, wo und | |
wann sie fliegen, kann man hingehen und sie filmen. Anders ist es bei | |
schreckhaften Tieren. | |
Wie gehen Sie da vor? | |
Da muss man listig und sehr leise sein, sonst flüchten sie. Das ist das | |
Ergebnis einer langen Auslese – nur die Scheuen haben überlebt. Damit sich | |
die Tiere daran gewöhnen, bauen wir unser Tarnversteck schon ein paar Tage | |
vorher auf. Durch eine Spionscheibe, durch die man raus-, aber nicht | |
reingucken kann, filmen wir. Da kann man den Tieren sehr nah kommen. | |
Was ist bei Ihnen zuerst da: ein spannendes Phänomen, das Sie filmen | |
wollen, oder eine tolle Aufnahme, zu der Sie dann eine Erklärung suchen? | |
Beides. Manchmal sehe ich etwas, zum Beispiel eine Pflanze, die ihre Samen | |
mit einem Knall durch die Luft schleudert. Dann beschäftige ich mich mit | |
Ausbreitungsstrategien von Pflanzen. Viele Arten nutzen zur | |
Samenverbreitung Ameisen als Transporttier. Aber ich lese auch viel, und | |
mein Freundeskreis ist signifikant von Biologen geprägt. Wichtig bei beidem | |
ist aber immer die kindliche Neugier. | |
Wo kann man selbst die Natur gut beobachten? | |
Jeder Garten ist ein Expeditionsgebiet, jeder Wald, jeder See. Da passieren | |
irre Sachen. Man muss nur die Augen öffnen. Und dann gibt es natürlich die | |
Nationalparks. | |
Ein Highlight aus dem Garten? | |
Die Blattschneiderbiene, die Cent-große Stücke aus Blättern ausschneidet, | |
zusammenrollt und damit ihr Nest auskleidet. Wenn man sie beobachtet, | |
versteht man: Dieses Insekt braucht einen bestimmten Busch, bestimmte | |
Blüten und Altholz, um sein Nest zu bauen. Lebensräume sind komplex. Wenn | |
man sich damit beschäftigt, setzt sich ein Mosaik zusammen und man | |
versteht, wie schnell die Natur kaputtgehen kann. | |
Interview: | |
Christina Spitzmüller | |
23 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://polyband.de/ceemes/page/show/964/search=die%20wiese | |
## AUTOREN | |
Christina Spitzmüller | |
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