Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- corona in hamburg: „Die Coronakrise wird verpolizeilicht“
Interview Pascal Patrick Pfaff
taz: Herr Behr, die grundsätzliche Aufgabe der Polizei ist die
Gefahrenabwehr. Wie kämpft es sich gegen Corona?
Rafael Behr: Das Coronavirus ist eine Gesundheitsgefahr, etwas
Immaterielles. Für die Polizei ist das ein neues Metier, weil sie selbst
als Subjekt und Objekt begriffen werden kann: als Gefahren abwehrende
Organisation und auch als Ort, an dem Polizisten Betroffene einer möglichen
Infektion sind.
In Coronazeiten soll die Polizei Allgemeinverfügungen durchsetzen.
Entwickelt sich hier ein neues Normensystem?
Durchaus. Ich habe es mal „neues Disziplin-Regime“ genannt. Der Lockdown
ist ja nicht gegenstandslos geworden; es gibt nur sukzessive Lockerungen.
Die Öffentlichkeit muss neue Dinge lernen, wie man sich verhält. An welchen
Orten trägt man welche Masken? Wie regelt man Einbahnstraßenverkehr im
Einkaufs–center? Sich an dieses Disziplinar-Regime anzugleichen, macht der
Gesellschaft schon arg zu schaffen.
Was bedeutet das für die Arbeit der Polizei?
Zu Beginn der Krise war das Publikum erschrocken und verängstigt. Die Leute
sind dankbar gewesen, dass es mit der Polizei eine ordnende Institution
gab. Das verändert sich nun mit dem Widerstand gegen die
Allgemeinverfügungen. Die Polizei muss nun einfach die Regeln durchsetzen.
Sie wird jetzt allerdings in inhaltliche Debatten involviert, bei denen es
um Schutzmaßnahmen, Impfungen oder Bill Gates geht. Dazu können Polizisten
natürlich keine Stellung nehmen. Die Coronakrise wird quasi
verpolizeilicht.
Es heißt in einem Pressetext sinngemäß, dass die Coronaregelungen der
Prävention wegen durchgesetzt werden – sie aber ein Teil der Bevölkerung
als Repression empfindet. Dies kann zu Aggressionen führen. Wie geht die
Polizei damit um?
Im Moment noch durch Aufklärung und Dialog. Das hat letzte Woche in der
Schanze aber nur bedingt geklappt. Indes werden die Verhaltensweisen des
Publikums härter; man verschließt sich dem aufklärerischen Aspekt. Mir
fällt zurzeit auf, dass sich die Perspektive vom schutzwürdigen Publikum
hin zum Störer verändert. Dieser kann durch Überzeugungsarbeit nicht
erreicht werden, er folgt der polizeilichen Weisung nicht. Da wird die
Polizei natürlich mit ihrem Repertoire an Einsatzmöglichkeiten nachlegen.
Der klassische Ansatz ist ja: informieren, belehren und anschließend
sanktionieren – mittels Personalfeststellungen, Bußgeldverfahren und so
weiter.
„Von der Gefahrenabwehr zur Regeldurchsetzung – Polizei und Polizieren in
Corona-Zeiten“: Zoom-Gespräch, 17–18.30 Uhr, Anmeldungen mit dem Betreff
„Gefahrenabwehr“ an [email protected]
14 May 2020
## AUTOREN
Pascal Patrick Pfaff
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.