# taz.de -- corona in hamburg: „Pflegekräfte brauchen keinen Beifall“ | |
Interview Nathalie Haut | |
taz: Herr Hopfmann, wie können Sie während der Coronapandemie protestieren? | |
Werden nicht alle Hände gebraucht? | |
Axel Hopfmann: Wir können nur eingeschränkt protestieren, aber das liegt | |
nicht daran, dass alle Hände gebraucht werden. Wir haben ein sehr | |
merkwürdiges Missverhältnis: Auf der einen Seite hat der Senat in einer | |
Allgemeinverfügung zugelassen, dass die Arbeitszeit von Pflegekräften auf | |
zwölf Stunden am Tag erhöht werden darf. Auf der anderen Seite meldet die | |
Schön Klinik Kurzarbeit an. Die Helios Endo-Klinik betreibt ihr Geschäft | |
normal weiter und hat keine Intensivbetten gemeldet, obwohl sie welche | |
haben. Es geht dabei also nicht um Patienten, sondern darum, dass ein | |
Krankenhaus weiter wirtschaftliche Geschäfte macht. Dafür müssen | |
Krankenhäuser auch sparen – und das tun sie vor allem am Personal. | |
Was ist Ihre wichtigste Forderung? | |
Wir wollen eine wirksame gesetzliche Vorschrift für die Ausstattung von | |
Krankenhäusern mit Pflegepersonal. Die soll sich nach dem Bedarf richten. | |
Es gibt ja die Pflegepersonaluntergrenzen aus dem Hause Spahn. Die richten | |
sich allerdings nicht nach dem Bedarf an Pflegekräften, sondern nach einer | |
Rangliste der Personalausstattung, die das unterste Viertel der | |
Krankenhäuser, mit dem wenigsten Personal, zum Maßstab gemacht hat. | |
Warum vier kleine Kundgebungen? | |
Das ist die Art des Protestes, die momentan zulässig ist. Wir müssen | |
Abstand wahren und Mundschutz tragen, da kann man keine Großveranstaltung | |
machen. Deshalb machen wir an vier Orten Einzelveranstaltungen mit dem | |
gleichen Inhalt. Wir sind pro Kundgebung auf 50 Teilnehmer begrenzt. Wir | |
werden also nicht mehr als 200. Wenn mehr kommen, müssen wir sie | |
wegschicken. | |
Nützt die Aufmerksamkeit durch die Coronapandemie Ihrem Anliegen? | |
Ich wüsste nicht wie. Die Aufmerksamkeit ist ja darauf gerichtet, die | |
Pflegekräfte als Helden zu feiern, durch dieses Klatschen. Dieses Klatschen | |
empfinden Pflegekräfte aber eher als Hohn. Deshalb fordern wir dazu auf, um | |
19 Uhr Transparente aus dem Fenster zu hängen oder Krach zu schlagen, als | |
Kontrast zum Klatschen. Pflegekräfte brauchen keinen Beifall, sondern | |
vernünftige Personalbemessung. Wir müssen die Aufmerksamkeit darauf lenken, | |
dass wir hier einen gravierenden Missstand in der Personalausstattung | |
haben. Den hatten wir schon vor der Coronapandemie und werden ihn danach | |
weiterhin haben. | |
12 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Nathalie Haut | |
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