# taz.de -- corona in hamburg: „Die Betroffenen brauchen ein Gegenüber“ | |
Interview Pascal Patrick Pfaff | |
taz: Frau Herrmann, Sie beraten bei KISS Menschen, die sich einer | |
Selbsthilfegruppe anschließen wollen. Brauchte Ihre Institution während der | |
Corona-Pause selbst Hilfe? | |
Christa Herrmann: Da wir aus dem Non-Profit- und Gesundheits-Bereich | |
kommen, sind wir nicht so ausgestattet wie andere Wirtschaftszweige. Wir | |
wurden vom Paritätischen unterstützt. Das ist unser Träger. Es galt, | |
Hardware neu zu bestellen und die Mitarbeitenden darin zu schulen, | |
Videokonferenzen anzubieten oder Fortbildungen umzustellen. Auch mit der | |
Gesundheitsbehörde haben wir Rücksprache genommen: Wie sollen wir uns in | |
bestimmten Fällen verhalten? | |
Sie charakterisieren Selbsthilfegruppen als „Raum für gelebte Solidarität | |
und geschützte Offenheit“. Wie geeignet ist der virtuelle Bereich, um diese | |
Räume zu garantieren? | |
Sehr begrenzt. Messenger wie WhatsApp oder Telegram sind eher weniger dafür | |
geeignet, mit sensiblen, personenbezogenen Daten zu arbeiten. Deswegen | |
haben wir uns schon immer mit dem Thema Datenschutz auseinandergesetzt. Wir | |
wissen aber, dass wir um die digitalen Welten nicht herumkommen, wenn wir | |
möchten, dass sich mehr junge Menschen für Selbsthilfe interessieren. | |
Welche positiven Effekte haben die Betroffenen aus den digitalen Treffen | |
mitgenommen? | |
Die Menschen konnten über einen längeren Zeitraum in Kontakt bleiben. Auch | |
haben sich ältere Personen ohne große Internet-Erfahrung davon anstecken | |
lassen. Sie widmen sich etwa der von uns entwickelten Selbsthilfe-App und | |
merken dabei: „Ich kann das sogar.“ Die meisten, die sich nur noch virtuell | |
treffen konnten, schätzen diese Möglichkeit. Sie freuen sich aber auch | |
wieder auf die persönlichen Treffen. | |
Was bedeutet es für die Betroffenen, ab heute wieder in die Beratung zu | |
kommen? | |
Unsere Erfahrung ist, dass es manchen Menschen leichter fällt, über | |
gesundheitliche oder seelische Probleme zu sprechen, wenn sie in einem | |
persönlichen Kontakt stehen. Sie brauchen ein Gegenüber. Als Berater*in | |
kann man da auch anders reagieren als am Telefon, weil man ganz andere | |
Eindrücke mitbekommt. Man kann besser Trost spenden. Auch muss sich bei uns | |
keiner Sorgen machen, denn wir haben ein Sicherheits- und Hygienekonzept. | |
11 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Pascal Patrick Pfaff | |
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