Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- corona in hamburg: „Masken erhöhen die Barrieren“
Interview Michelle Bauermeister
taz: Herr Raule, ab heute gilt in Hamburg Maskenpflicht im Nahverkehr und
in Geschäften. Ist dabei an die Bedürfnisse gehörloser Menschen gedacht
worden?
Ralph Raule: Viele Gehörlose haben Angst und Sorge, weil ihre Kommunikation
stark eingeschränkt ist. Es bleibt ihnen nur das Lippenlesen, das macht 30
bis 40 Prozent der Kommunikation aus. Wenn das Gesichtsfeld mit einer Maske
verdeckt ist, fällt diese Kommunikationsform weg. Wir wollen unseren
Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten. Aber durch die Masken
entstehen für uns noch größere Barrieren. Vor allem ältere Gehörlose sind
betroffen: Sie haben weder Internet noch Kontaktmöglichkeiten. Da fehlt die
Gebärdensprache komplett, sie sind abgeschnitten von der Außenwelt.
Wie könnte Kommunikation wieder barriereärmer werden?
Wir fordern Masken mit einem transparenten Gesichtsfeld und erwarten
Unterstützung seitens der Stadt. Wir fordern, dass Menschen in
systemrelevanten Berufen diese Masken haben. Aber ich glaube, es ist noch
ein weiter Weg, bis Verständnis auftaucht.
Wie treten Gebärdendolmetscher*innen nun mit Gehörlosen in Kontakt?
Gehörlose haben ein Anrecht auf eine*n Gebärdensprachdolmetscher*in, wenn
sie Krankenhäuser oder Arztpraxen besuchen. Das wird von der Krankenkasse
bezahlt. Jetzt sieht die Situation anders aus. Aufgrund der
Abstandsregelung dürfen wir nicht mit einer zweiten Person erscheinen.
Grundsätzlich wird darauf verwiesen, zunächst telefonischen Kontakt mit
einer Praxis aufzunehmen und die Symptome abklären zu lassen. Erst dann
soll man in die Praxis gehen. Diese Option haben Gehörlose nicht. Und die
Krankenkassen lehnen die Bezahlung des Ferndolmetschens ab.
Ist Gebärdensprache in der Krise sichtbarer geworden?
Die Reden der Bundeskanzlerin werden immer noch ohne
Gebärdensprachendolmetscher*in live übertragen. Auch das
öffentlich-rechtliche Fernsehen hat Probleme, das Thema Gebärdensprache
umzusetzen. Der Bildausschnitt wird oft so gewählt, dass Dolmetscher*innen
nicht mehr zu sehen sind. Die Situation ist schon besser geworden, weil die
Notwendigkeit anerkannt wurde. Aber in anderen Ländern sind
Gebärdensprachdolmetscher*innen üblicher. In Deutschland hat man große
Schwierigkeiten.
27 Apr 2020
## AUTOREN
Michelle Bauermeister
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.