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# taz.de -- petition der woche: Im virtuellen Raum gibt es ganz neue Formen der…
Wenn ein zweijähriges Kind vor einer Fernsehkamera steht, ist das in
Deutschland Kinderarbeit. Und wenn ein zweijähriges Kind auf Instagram die
neueste Strampler-Kollektion präsentiert, ist das was?
Für Toyah Diebel und ihre Unterstützer*innen ist das ganz klar ebenfalls
Kinderarbeit. Mit ihrer Online-Petition „#digitaleKinderarbeit braucht
Regeln“ möchte Diebel dafür sorgen, dass bestehende Vorgaben in den
sozialen Netzwerken umgesetzt werden. „Die Eltern tun etwas, was laut
Gesetz nicht rechtens ist und verkaufen das alles als riesengroßen Spaß“,
sagt sie. Hinter dem vermeintlichen Spaß steckt allerdings eine moderne
Form der Kinderarbeit, die zu einem lukrativen Geschäft geworden ist.
Der achtjährige Ryan Kaji aus Amerika etwa hat laut der englischsprachigen
Zeitschrift Forbes im letzten Jahr 26 Millionen Dollar verdient. 24
Millionen User haben seinen YouTube-Kanal abonniert, auf dem der
Kinder-Influencer Spielzeug präsentiert.
Von so vielen Abos träumen junge Influencer*innen und auch ihre Eltern.
Das Geschäftsmodell ist einfach: Influencer*innen bewerben Produkte und
bekommen von Unternehmen Geld dafür. Deshalb dürfen auch schon junge Kinder
auf den Kanälen ihrer Eltern mitmachen.
Seit drei Jahren beobachtet auch das Deutsche Kinderhilfswerk diese
Situation. Luise Meergans, die dort Bereichsleiterin für Kinderrechte und
Bildung ist, erkennt in Bezug auf Mini-Influencer*innen mehrere Vergehen
gegen Kinderrechte: „Wir sehen oft eine Verletzung der Intim- und
Privatsphäre. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass auch eine Menge
Beteiligungsrechte verletzt werden.“ Fraglich sei, ob Kinder die Spielzeuge
vor der Kamera immer freiwillig testen.
Toyah Diebel, die Initiatorin der Petition, sieht da einen starken
Interessenkonflikt der Eltern: „Sie sind eigentlich dafür zuständig zu
gucken, dass das Kind nicht viel arbeitet“, andererseits seien sie am
wirtschaftlichen Erfolg des Kanals interessiert. Natürlich könne man nicht
generell davon ausgehen, dass jedes Kind vor die Kamera gezwungen werde.
Manche liebten das auch. Dennoch fordert sie, „dass die Gesetze, die es
bereits gibt, angepasst werden an die sozialen Medien“.
Im Jugendarbeitsschutzgesetz gibt es Ausnahmen, die Kinderarbeit etwa bei
Fernsehproduktionen oder Theateraufführungen erlauben. Aber diese betreffen
erst Kinder ab drei Jahren, für jüngere wird keine Genehmigung erteilt.
Im Gesetz ist zudem geregelt, wie lange Kinder vor der Kamera oder auf der
Bühne stehen dürfen, wie viel Pause sein sollte und wie viel Freizeit die
Kinder haben müssen. „Es gibt kein Rechtsproblem, es gibt ein
Umsetzungsproblem“, sagt Meergans vom Deutschen Kinderhilfswerk.
Die Gewerbeaufsichtsämter sind dafür zuständig, die Einhaltung der Gesetze
in den sozialen Medien zu überprüfen. „Wir gehen davon aus, dass sich die
Gewerbeaufsichtsämter derzeit in einem digitalen Tiefschlaf befinden“,
meint Meergans.
Toyah Diebel hofft, dass sich das ändert und ihre Petition eine Debatte
anstößt: „Einer muss den trampelnden Elefanten im
Kinder-Bilder-Porzellanladen spielen, und der bin halt ich.“ Gemeinsam mit
mittlerweile über 40.000 anderen Menschen. Denise Klein
18 Apr 2020
## AUTOREN
Denise Klein
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