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# taz.de -- corona in bremen: „Ein bisschen Galgenhumor ist dabei“
Interview Dominika Vetter
taz: Frau Brunsing, wie erklären Sie sich, dass Friseursalons geöffnet
bleiben dürfen, während Klamottenläden schließen mussten, um die
Infektionesgefahr zu reduzieren?
Ilka Brunsing: Das ist für uns unverständlich. Selbst unter dem Aspekt,
dass wir zur Zeit noch Geld verdienen und unsere treuen Kunden weiterhin
verschönern dürfen, verstehen wir diese Maßnahme nicht! Wir sind so nah am
Kunden. Trotz unserer vielfältigen Hygienemaßnahmen haben wir Bedenken,
dass auch wir für unsere Kunden ein gesundheitliches Risiko darstellen
könnten. Das macht mir und meinen Mitarbeitern wirklich Sorgen.
Wie ist denn das Kundenaufkommen – gehen die Menschen überhaupt zum
Friseur?
Gestern hatten wir elf Absagen. Im Laufe des Tages kamen aber noch neue
Termine von Leuten, die gesagt haben, wir kommen nochmal schnell zum
Haareschneiden, so lange es noch geht. Deswegen sind wir heute ausgebucht.
Insgesamt haben wir aber schon einen Einbruch von 20 bis 30 Prozent. Einige
Kunden haben Angst, sich zu infizieren. Das sind vornehmlich ältere Kunden,
die lieber zu Hause bleiben, aus Vorsicht. Sie entschuldigen sich dann am
Telefon bei uns. Wir sind natürlich niemandem böse, der nicht kommt.
Was würde eine Schließung für Sie bedeuten?
Einen starken finanziellen Einschnitt. Wir sind ein kleiner Betrieb mit elf
Mitarbeitern, für die wir uns verantwortlich fühlen. Wir haben ein paar
Rücklagen, aber wenn länger geschlossen wäre als zwei Monate – da mag ich
gar nicht drüber nachdenken. Man wird nicht allein gelassen vom
Berufsverbund, das ist bei uns die Handwerkskammer. Morgen haben wir einen
Telefontermin, da werden sie uns Auskunft geben, was für Hilfe es für uns
gibt.
Und wie ist die Stimmung bei Ihnen und den KollegInnen im Salon?
Wir machen uns zunehmend Sorgen, es kommen dauernd von allen Seiten neue
Informationen. Es ist eine Verunsicherung da. Wir haben viele junge
Mitarbeiterinnen, die weniger Angst haben sich anzustecken, sondern eher
befürchten, finanzielle Einbrüche zu haben, wenn sie nicht arbeiten können.
Die Stimmung bei den Kunden ist gut, wir reden viel mit ihnen, auch über
Corona. Ich finde, hier in Bremen haben wir echt noch eine ruhige
Situation. Bei Kollegen in anderen Städten ist das schon ernster, da gibt
es teilweise Panik.
Beim Haarescheiden kann man nicht so gut Abstand halten. Wie schützen Sie
und Ihre KollegInnen sich und ihre KundInnen?
Wir arbeiten immer mit desinfiziertem Werkzeug, das gibt den Kunden ein
gutes Gefühl −das machen wir sonst auch. Direkten Kontakt können wir
natürlich nicht vermeiden. Ponyschneiden ist das dichteste, das ist unser
eigenes Risiko. Wir haben 13 Plätze, die wir so besetzen können, dass genug
Abstand zwischen den Kunden ist. Wir verzichten darauf, Zeitschriften und
Getränke an die Kunden zu geben, und die finden das okay. Sie freuen sich
vor allem, dass wir noch da sind.
Gibt es irgendwelche Sonderwünsche – lassen sich die Leute die Haare zum
Beispiel besonders kurz schneiden?
Tatsächlich sagen viele: Machen sie ruhig einen Zentimeter kürzer! Nicht
nur Männer, sondern auch Frauen. Es ist ein bisschen Galgenhumor dabei.
Gibt es Dienstleistungen, die Sie aufgrund der Gefahr einer
Corona-Infektion zur Zeit nicht mehr anbieten?
Ja, wir wollen Kontakt mit Schleimhäuten vermeiden, also alles, was zu nah
am Gesicht ist: Bärte schneiden, Make-ups, Augen- und Wimpernpflege, aber
auch Maniküre.
20 Mar 2020
## AUTOREN
Dominika Vetter
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