# taz.de -- corona in bremen: „Es ist ein Schneeball-system“ | |
Interview Dominika Vetter | |
taz: Frau Lenz, was bietet die Initiative Nachbarschaftshilfe Bremen an? | |
Mirka Lenz: Wir wollen hilfsbedürftigen Menschen dabei helfen, ihren Alltag | |
so gut wie möglich auf die Reihe zu kriegen. Das betrifft Einkäufe, aber | |
auch Kinderbetreuung oder Gänge zur Post und zur Apotheke. Corona ist der | |
Anlass. Wir haben aber auch schon darüber geredet, was wir machen, wenn | |
Corona vorbei ist. Eigentlich sollte das Netzwerk eine dauerhafte | |
Geschichte sein. | |
Wie funktioniert die Kommunikation? | |
Über verschiedene Kanäle, wir sind noch im Aufbau. Momentan ist es vor | |
allem Telegram, das funktioniert wie ein Schneeballsystem: Jede*r lädt | |
weitere Menschen in die Gruppe ein. Es gibt eine Facebook-Gruppe, eine | |
Webseite ist im Aufbau. Außerdem drucken wir gerade Flyer und Poster. | |
Wie sind Sie organisiert? | |
Das ist keine One-woman-show, wir machen das alle zusammen. Wir sind ein | |
riesiger Pool an Leuten mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Mich hat am | |
Freitag eine Freundin in die Telegram-Gruppe eingeladen, und seitdem sitze | |
ich nur noch vor dem Computer und versuche das mit aufzubauen. Wir sind in | |
zwei Tagen von circa 75 auf über 500 Mitglieder angewachsen. Telegram | |
bietet sich an, um große Gruppen zu vernetzen, erst mal ohne seine | |
Handynummer anzugeben. | |
Wie geht die Gruppe mit Datenschutz um? | |
Das ist uns allen sehr wichtig. Jede*r kann entscheiden, was er/sie | |
freigibt. Wir fragen auch aktiv nach, wenn es um das Drucken der Flyer | |
geht. Leute, die ihre Nummern nicht veröffentlichen wollen, nutzen alte | |
Simkarten oder Rufumleitungen. | |
Wer kann helfen? | |
Alle, die etwas tun möchten. Es ist schon eine Hilfe, wenn man die | |
Nachbarin fragt, ob sie etwas braucht. Es geht darum, einen Gegenpol zu den | |
desinfektionsmittel- und klopapierhamsternden Leuten darzustellen. Zu | |
sagen: Wir bleiben ruhig, und wir versuchen zu helfen. Mich berührt es | |
jedes Mal, wenn ich die Telegram-Gruppe öffne, wie viele Menschen sich dort | |
engagieren wollen. | |
Gibt es Verhaltensregeln, um die zukünftigen Klienten zu schützen? | |
Wir haben vor, möglichst kleine, feste Hilfskreise aufzubauen, um die | |
Kontakte zu minimieren und die Risikogruppen zu schützen. Die | |
Standardregeln sollen alle einhalten: Händewaschen, Abstand halten. Zu | |
Hause bleiben, wenn jemand von den Helfer*innen Symptome zeigt und den | |
anderen Bescheid sagen. Wir haben einen Fragenkatalog, in dem wir abfragen | |
ob Menschen einer Risikogruppe angehören. Wir wollen vermeiden, dass | |
Risikogruppen und Menschen, die unter Quarantäne stehen, durch uns indirekt | |
in Kontakt kommen. | |
Was wird außer Einkaufshilfe benötigt? | |
Menschen für den mehrsprachigen Telefondienst, die andere Sprachen als | |
Englisch, Französisch und Spanisch sprechen. Kostenloses Drucken wäre | |
toll. Wenn es Hinweise gibt, was wir verbessern können, freuen wir uns auch | |
darüber! Wer persönlich nicht helfen kann: Trotzdem weiterleiten, um | |
sowohl Hilfesuchende als auch potenzielle Helfer*innen zu erreichen. | |
In welchen Stadtteilen fehlen noch Helfer*innen? | |
Bremen Nord ist noch etwas dünn besetzt. Der Bremer Osten und der Süden | |
ebenfalls. | |
17 Mar 2020 | |
## AUTOREN | |
Dominika Vetter | |
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