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# taz.de -- Henrike Koch war auf der Demo für die Öffnung der europäischen G…
Sprechchöre tönen am Dienstagabend durch das hell erleuchtete
Regierungsviertel. Demonstriert wird unter dem Motto „Grenzen öffnen! Leben
retten! Faschismus bekämpfen!“ anlässlich der Gewalt an der
griechisch-türkischen Grenze. Die Veranstaltenden zählen 8.000
Teilnehmer:innen, die Polizei zählt 3.500.
„Das ist nicht das Europa, in dem wir leben wollen!“, ruft Muhammed
al-Kashef, Aktivist bei Watch the Med Alarm Phone, in Richtung
Bundeskanzleramt. Demonstrierende halten Schilder mit „Shame on EU“ und
„Wir haben Platz“ in die Höhe. „Wir sehen derzeit eine Eskalation der
Gewalt“, meint al-Kashef. „Wir werden diesen europäischen Krieg gegen
Menschen, die Schutz suchen, nicht akzeptieren!“
Die Situation auf den griechischen Inseln ist eskaliert, nachdem die Türkei
ihre Grenzen zur EU am Wochenende für offen erklärt hat. Die griechische
Polizei versucht, Geflüchtete mit Tränengas und Blendgranaten am Überqueren
der Grenze zu hindern. Verschiedene Medien hatten zuvor berichtet, dass ein
Flüchtling am Montag von griechischen Grenzpolizisten erschossen worden
sei. Auch das Alarm Phone berichtet von Schüssen der griechischen
Küstenwache auf Geflüchtete in Booten. Auf Lesbos bauen Einwohner:innen und
Rechtsradikale derweil Straßenblockaden, bedrohen Journalist:innen und
NGO-Mitarbeiter:innen und hindern Boote mit Geflüchteten am Anlanden.
## „Die Menschlichkeit ist gestorben“
„Die Menschlichkeit ist gestorben, mein Herz tut mir weh“, sagt Sanaa Al
Nomeiry, die aufmerksam alle Redebeiträge verfolgt. Sie hofft, dass die
Demonstration die Politik unter Druck setzt. „Im deutschen Parlament sind
so viele Politiker so rassistisch. Angesichts dessen und nach Hanau frage
ich mich schon: Sind wir wirklich ein friedliches Land?“
Der Demonstrationszug zieht am Gebäude der deutschen Vertretung der
Europäischen Kommission vorbei. Aus den hell erleuchteten Fenstern blicken
Menschen mit Sektgläsern hinab, die Demonstrierenden skandieren „Öffnet die
Grenze“ hinauf. In den Räumen der Kommission ist aktuell die Ausstellung
„Erlebnis Europa“ zu sehen. Al-Kashef ist wütend: „Die Menschen, die ihr
Leben im Mittelmeer verlieren, die erleben Europa!“
Über 140 Städte und Kommunen in ganz Deutschland haben sich mittlerweile
bereit erklärt, über den in Deutschland geltenden Verteilungsschlüssel
hinaus Leute aufzunehmen, darunter auch Berlin. Innenminister Horst
Seehofer (CSU) zeigte sich gestern Nacht überraschend offen für eine
Debatte über die Aufnahme minderjähriger Geflüchteter aus den griechischen
Hotspots.
5 Mar 2020
## AUTOREN
Henrike Koch
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