# taz.de -- Aufgewärmtes Derby | |
> Nach der Klatsche in der Hinrunde unterliegt der Hamburger SV in der | |
> zweiten Fußball-Bundesliga erneut der lokalen Konkurrenz: Wieder endet | |
> die Begegnung mit zwei Toren für den FC St. Pauli | |
Von Daniel Jovanov | |
Der Stachel [1][nach der Derbyniederlage] saß tief bei Dieter Hecking. Mit | |
hochrotem Kopf versuchte der Trainer des Hamburger SV auf der | |
Pressekonferenz nach dem 0:2 gegen den FC St. Pauli Antworten zu finden; | |
Erklärungen für ein Ergebnis, das mit Worten allein nicht so einfach zu | |
erläutern war. | |
Denn angetreten war Heckings Mannschaft am Samstag als klarer Favorit: Die | |
abstiegsbedrohten St. Paulianer haben in der laufenden Saison noch kein | |
einziges Auswärtsspiel gewonnen. Der HSV wiederum präsentiert sich in guter | |
Form, hat in den ersten vier Pflichtspielen des Jahres zehn Punkte geholt, | |
marschiert geradewegs Richtung Aufstieg, also zurück in die erste | |
Bundesliga. | |
Eigentlich, darüber waren sich selbst viele Fans des FC St. Pauli einig, | |
ging es bei diesem Duell also nur darum, wie hoch der Sieg des HSV | |
ausfallen würde. Und der Spielverlauf in den ersten 20 Minuten gegen den FC | |
St. Pauli sprach für diese Prognose: sechs Torschüsse, zwei | |
Aluminium-Treffer und 77 Prozent Ballbesitz bekräftigten die Dominanz der | |
Gastgeber. | |
Doch wer beim Fußball vorn die Tore nicht macht, bekommt sie halt hinten | |
rein: Zehn Minuten später nämlich stand es völlig überraschend 0:2 aus | |
Sicht von Gastgeber HSV; Henk Veermann und Matt Penney hatten getroffen, | |
die Partie war innerhalb von kurzer Zeit gekippt. „Der HSV hat das Spiel | |
mehr oder weniger in der Anfangsphase verloren“, sagte Jos Luhukay, Trainer | |
des FC St. Pauli. „Sie sind so gut gestartet, hatten klare Chancen, die | |
sich glücklicherweise nicht genutzt haben.“ | |
Von dem Doppelpack erholte sich der HSV nicht mehr, sondern biss sich an | |
St. Paulis Defensive die Zähne aus. „Leider habe ich in der Halbzeit nicht | |
die richtige Lösung gefunden und konnte die Mannschaft nicht in die Spur | |
bringen, daher nehme ich die Niederlage auch auf meine Kappe“, analysierte | |
Hecking nachher ganz offen. [2][Schon im Hinspiel allerdings] war er im | |
September an der taktischen Raffinesse seines Kontrahenten Luhukay | |
gescheitert: Hecking verlor somit beide Hamburger Derbys. | |
Für die Fans beider Vereine sind diese Spiele symbolisch von enormer | |
Bedeutung, weil sie damit eine Art fußballerische Vorherrschaft in der | |
Stadt verbinden. „Hamburg ist braun-weiss“, steht nicht nur auf vielen | |
Aufklebern, wie man sie im Stadtteil St. Pauli im Straßenbild lesen kann, | |
es stand auch auf einem Banner, das jetzt die Fans von St. Pauli in die | |
Höhe streckten. Und wie lautet einer der bekanntesten Slogans des anderen | |
Vereins? „Nur der HSV!“ | |
Zwischen den Duellen wird die Rivalität anders ausgetragen, zuletzt auch | |
wieder vermehrt ideologisch. Das klingt dann so: „Aus dem Leben eines | |
USP-Marvins: Mit 20 die Provinz verlassen, im Viertel mit Papas Kohle | |
prassen“; gemünzt ist das auf Klischees über angeblich nicht authentische | |
St.-Pauli-Fans – „USP“ kürzen sich die Ultras des Kiezclubs ab. Derweil | |
sagen HSV-Anhänger*innen heute häufiger über sich selbst, dass sie die | |
Arbeiterklasse stellen. Die jüngste Vergangenheit hat einiges umgeworfen, | |
was lange als unumstößlich galt – auch die sportlichen Kräfteverhältnisse | |
in Hamburg: Erstmals nach 66 Jahren gewann St. Pauli beide Stadtderbys in | |
einer Saison. | |
24 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Jovanov | |
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