| # taz.de -- Petition der Woche: Hilfe bei Wochenbettdepression | |
| > Anastasia Venevkaja möchte auf die Stigmatisierung psychisch erkrankter | |
| > Mütter aufmerksam machen. Sie fordert bessere Aufklärung und Versorgung. | |
| Bild: Nach der Entbindung: innere Unruhe, Schlafstörungen, Panikattacken | |
| Nach der Geburt ihres zweiten Kindes blieb das viel beschworene Mutterglück | |
| für Anastasia Venevkaja zunächst aus. „Es war wirklich die Hölle“, meint | |
| die 27-Jährige im Rückblick. Schon im Kreißsaal habe sie Zwangsgedanken | |
| gehabt, dass sie ihrem Baby schaden könnte. In den Wochen nach der | |
| Entbindung verschlechterte sich ihr Zustand: innere Unruhe, starke | |
| Schlafstörungen, Panikattacken. | |
| „Ich konnte das damals nicht einordnen. Es war eine richtig schwere | |
| Depression, ich war suizidnah.“ Die Diagnose wurde ihr nach vier Wochen in | |
| der örtlichen psychiatrischen Ambulanz gestellt; zwei Psychiater hatten sie | |
| zuvor abgewiesen. Behandelt wurde Venevkaja erst nach vier Monaten. | |
| Eine postpartale Depression, die sogenannte Wochenbettdepression, tritt | |
| meist im ersten Jahr nach der Entbindung auf. Nach Angaben der Deutschen | |
| Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und | |
| Nervenheilkunde (DGPPN) sind schätzungsweise 10 bis 15 Prozent aller Frauen | |
| nach der Geburt betroffen. Die Erkrankung dürfte generell ein Risiko sein | |
| für Menschen, die gebären. Neue Studien zeigen jedoch, dass auch deren | |
| Partner*innen von einer Depression nach der Geburt betroffen sein können. | |
| Zu den Symptomen einer Wochenbettdepression zählt die Psychiaterin | |
| Christiane Hornstein Schlafprobleme, Antriebsstörungen sowie Angst und | |
| Sorge um die Entwicklung des Kindes. Die Fachärztin hat das Zentrum für | |
| Peripartale Therapie am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden mit aufgebaut. | |
| „Alles ist dann leer und freudlos“, erklärt sie. „Viele schauen ihr Kind… | |
| und empfinden keine Emotionen mehr.“ Dazu kämen Schuldgefühle, eine | |
| schlechte Mutter zu sein. | |
| Eine Wochenbettdepression muss professionell behandelt werden. Sie ist | |
| nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Baby Blues, einer kurzzeitigen | |
| depressiven Verstimmung, die bei 50 bis 80 Prozent aller Mütter auftritt | |
| und von selbst wieder abklingt. | |
| Das Umfeld von Venevkaja hatte lange kein Verständnis für ihren depressiven | |
| Zustand. „Im besten Fall haben sie gesagt: Das geht alles vorbei, mache | |
| Leute haben schlimmere Probleme. Im schlimmsten Fall hieß es: Reiß dich | |
| zusammen. Du bist keine richtige Frau, du kannst dich nicht richtig um dein | |
| Kind kümmern.“ | |
| [1][Mit ihrer Petition an das Gesundheitsministerium] will die zweifache | |
| Mutter auch auf die anhaltende Stigmatisierung psychisch erkrankter Mütter | |
| aufmerksam machen. Und eine intensivere Aufklärung und Betreuung von | |
| Betroffenen erreichen: Gynäkolog*innen sollen dazu verpflichtet werden, im | |
| Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen über mögliche psychische Erkrankungen zu | |
| informieren. | |
| Zudem fordert die Initiatorin die Durchführung von Screenings, Verfahren | |
| zur Erfassung depressiver Störungen, noch auf den Entbindungsstationen. Und | |
| mehr Aufnahmemöglichkeiten von erkrankten Frauen und ihren Babys auf | |
| psychiatrische Stationen. Auch eine ambulante Betreuung für betroffene | |
| Mütter soll ermöglicht werden. | |
| Die fünfte Forderung betrifft die Stärkung des Berufsstands der Hebamme. | |
| Aufgrund des Mangels an Geburtshelfer*innen in Potsdam konnte Venevkaja | |
| diese eigentlich von den Kassen finanzierte Betreuung gar nicht erst in | |
| Anspruch nehmen. Leider ein deutschlandweites Phänomen: Mütter suchen oft | |
| vergebens nach einer Hebamme für die Geburtsnachsorge. | |
| 29 Feb 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.change.org/p/wochenbettdepression-wir-brauchen-eine-intensivere… | |
| ## AUTOREN | |
| Henrike Koch | |
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