# taz.de -- Wahl in Irland: Alternativen gegen rechts | |
> Die irischen WählerInnen haben dem konservativen Pateiensystem eine | |
> Absage erteilt. Mit Sinn Féin rücken endlich soziale Themen auf die | |
> Agenda. | |
Bild: Beste Laune in Dublin: Sinn-Féin-Chefin Mary Lou McDonald und ein Partei… | |
Es wurde auch Zeit. Die Irinnen und Iren haben dem alten Zweiparteiensystem | |
bei [1][den Parlamentswahlen] am Samstag eine Absage erteilt. Sicher, die | |
beiden rechtskonservativen Parteien Fianna Fáil und Fine Gael, die das Land | |
seit der Unabhängigkeit vor rund 100 Jahren abwechselnd regiert haben, sind | |
nach wie vor starke Parteien. Aber mit Sinn Féin, dem ehemaligen Flügel der | |
inzwischen aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), ist ihnen ein | |
ebenbürtiger Gegner auf den Pelz gerückt. | |
Die Analyse des Wählerverhaltens gibt Anlass zur Hoffnung, dass das keine | |
Eintagsfliege ist. 32 Prozent der 18- bis 24-Jährigen haben für Sinn Féin | |
gestimmt. Bei den über 65-Jährigen waren es nur 12 Prozent. Auch die Grünen | |
werden von den demografischen Veränderungen profitieren, 14,4 Prozent der | |
jungen Leute haben sie diesmal gewählt, und die Fridays-For-Future-Kids | |
waren ja noch nicht wahlberechtigt. | |
Langsam entwickeln sich in Irland Alternativen zum rechten Lager. Die alten | |
Loyalitäten, die auf den Bürgerkrieg 1922 zwischen Befürwortern und Gegnern | |
des Vertrags mit der Kolonialmacht England zurückgehen, der die Teilung der | |
Insel besiegelte, treten langsam in den Hintergrund. Die jungen Leute haben | |
die Nase voll von der Arroganz, der Korruption und der Verlogenheit von | |
Fianna Fáil und Fine Gael. | |
Hatten sie vor den Wahlen eine Koalition mit Sinn Féin kategorisch | |
abgelehnt, so machten beide Parteien Avancen in Richtung der verhassten | |
Konkurrenz, kaum dass die ersten Hochrechnungen veröffentlicht waren. Es | |
läuft vermutlich auf ein Bündnis [2][Fianna Fáils mit Sinn Féin] hinaus. Da | |
beide mehr oder weniger ebenbürtig sind, wird Sinn Féin nicht das gleiche | |
Schicksal erleiden wie Labour und die Grünen, die vom großen | |
Koalitionspartner untergebuttert wurden und danach jahrelang in der | |
Versenkung verschwanden. | |
In einem wohltuenden Kontrast zu den Wahlen in anderen europäischen Ländern | |
spielte Ausländerfeindlichkeit überhaupt keine Rolle. Nur ein Prozent der | |
Befragten gab an, dass das Thema Einwanderung ihre Wahlentscheidung | |
beeinflusst habe – genauso wenige nannten übrigens den Brexit. Wichtigste | |
Entscheidungskriterien waren das marode Gesundheitssystem und die | |
[3][Obdachlosigkeit]. Bei diesen Themen haben die beiden etablierten | |
Parteien in den vergangenen Jahrzehnten kläglich versagt, weil sie kein | |
Interesse daran hatten. Ihnen waren Steuererleichterungen für die oberen | |
Schichten wichtiger, denn davon profitierten sie selbst. | |
10 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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