# taz.de -- heute in hamburg: „Viele kleine Höfe haben aufgegeben“ | |
Interview Anastasia Trenkler | |
taz: Frau Blessin, welche Gemeinsamkeiten sieht man Bäuer*innen in Tansania | |
und Norddeutschland an? | |
Sandra Blessin: Ihre Gesichter zeigen jeweils die Mühe und Arbeit, die | |
hinter der Nahrungsmittelproduktion steckt. | |
Warum porträtieren Sie diese Menschen in einer Fotoausstellung? | |
Wir wollten die Auswirkungen der EU-Politik auf die deutsche Landwirtschaft | |
mit den Nöten der kleinen Betriebe im globalen Süden verbinden. Es gibt | |
eine Entwicklungspartnerschaft zwischen den G7-Staaten und einer Reihe von | |
Privatunternehmen. Diese soll eigentlich die Landwirtschaft in Tansania | |
stärken, ihre Maßnahmen verdrängen jedoch Kleinbäuer*innen von ihrem Land. | |
Wer profitiert dann von den Maßnahmen? | |
Die Saatgut-Industrie und Hersteller von Pestiziden und Düngemitteln sind | |
Teil der Partnerschaft mit G7. Ihr Ziel ist es, den eigenen Markt | |
auszubauen. Daher fördern sie besonders agrarindustriellen Anbau und große | |
Agrarinvestoren. Kleine Betriebe werden benachteiligt – in Tansania und | |
auch in Deutschland. | |
Wie könnte faire Agrarpolitik aussehen? | |
Im Moment wird pro Hektar Land eine bestimmte Geldsumme vergeben. Es muss | |
aber vor allem die Art und Weise des Wirtschaftens berücksichtigt werden: | |
Verwendet ein Betrieb Pestizide und wenn ja in welchem Maße? Wie viele | |
Menschen arbeiten im Betrieb? Werden Tiere artgerecht gehalten? All das | |
sind wichtige Faktoren. | |
Und wie kann man selbst kleine Betriebe unterstützen? | |
Als Konsument*in in Deutschland kann man beispielsweise auf Hofmärkten | |
einkaufen, solidarische Landwirtschaft nutzen und auf den Preis achten: Ist | |
Fleisch zu billig, kann die Herstellung nicht gut gewesen sein. Um die | |
tansanischen Betriebe zu unterstützen, sollte man Parteien wählen, die den | |
Export europäischer Landwirtschaftsgüter in ärmere Länder wie Tansania | |
nicht unterstützen. Das zerstört dort die Märkte. | |
Sind also die deutschen Landwirtschaftsbetriebe schuld an der Situation der | |
tansanischen Bäuer*innen? | |
Nein. Die Menschen in Tansania und Deutschland sitzen sogar im selben Boot: | |
Sie werden geknebelt durch die Vorgaben der Subventionierungen und der | |
Entwicklungshilfsgelder, die eine industrielle Landwirtschaft bevorzugen. | |
In den letzten Jahren haben viele kleine Höfe in Deutschland aufgegeben. | |
Sie profitieren also keinesfalls vom Leid im Süden. | |
19 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Anastasia Trenkler | |
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