| # taz.de -- Mehr als nur eine Party | |
| > Für das arabische queere Kollektiv „Queer Arab Barty“ kann auch trashy | |
| > Popmusik ein sozialer Kit mit politischen Dimensionen sein | |
| Von Marie Serah Ebcinoglu | |
| Samstagabend in Berlin. Es dauert mindestens noch zwei bis drei Stunden, | |
| bevor man in irgendeinen Club gehen kann. Im „Acud macht neu“ fühlt sich | |
| allerdings 23.30 Uhr schon an wie 3 Uhr nachts. Die Tanzfläche ist | |
| knallvoll, alle gehen ab zu den größten arabischen Dance-Hits der 80er, | |
| 90er und Nullerjahre. | |
| Das Kollektiv „Queer Arab Barty“ (QAB) veranstaltet zum dritten Mal seine | |
| gleichnamige Party, mit der es einen Raum für Freiheit und Gleichheit für | |
| die Community schaffen will. „Als arabische Queers werden wir oft als eine | |
| homogene Gruppe gelesen, die wir natürlich nicht sind“, erklärt das | |
| QAB-Kollektiv. „Wir haben alle einen anderen Hintergrund, alle andere | |
| Persönlichkeiten, aber was wir gemeinsam haben, ist die Musik, die wir | |
| lieben, mit der viele von uns aufgewachsen sind. Musik, die nicht mit | |
| Maskulinität und kulturellem Mehrwert in der arabischen Community | |
| einhergegangen ist.“ Popmusik also als Verbindungskit. „Das ist etwas, das | |
| uns genommen wurde, und jetzt beanspruchen wir es für uns selbst.“ | |
| ## Das hier ist keine Safari | |
| Sie wollen ihr eigenes Narrativ selbst kontrollieren. Zwar gebe es viele | |
| „arabische“ oder „orientalische“ Partys in Berlin. „Aber sie werden n… | |
| für uns veranstaltet, von Menschen, die unsere Erfahrungen teilen. Sie sind | |
| kommerziell.“ Diese Partys sind oft Touristenmagnete, ziehen Menschen an, | |
| die die arabische Kultur und die queere Community fetischisieren, und sie | |
| werden von einer weißen Crowd dominiert. | |
| Das ist hier nicht so. Recht wenig Almans am Start, für Berlin. Natürlich | |
| sind alle willkommen, aber nur, wenn sie respektvoll sind, denn das hier | |
| ist keine kulturelle Safari. Dafür findet das Kollektiv klare Worte: „Es | |
| ist ein Raum, in dem wir nicht angefasst werden, wie wir nicht angefasst | |
| werden wollen. In dem wir nicht angeguckt werden, wie wir nicht angeguckt | |
| werden wollen.“ | |
| Minütlich wird es voller, schnell ist die zweite Tanzfläche voll. Ich weiß | |
| nicht, wann ich in einem deutschen Club schon mal so hab Leute abgehen | |
| sehen. Es ist 1.30 Uhr, ich weiß nicht, wo die Zeit hin ist. Host Cupcake | |
| (queen of virginity), Drag-Performer*in und Schauspieler*in, liefert mit | |
| den Performer*innen Missaroma, Fuchsia und Bolbola eine krasse | |
| Lip-Sync-Show. Meine Stimme kratzt schon. | |
| ## Ihr eigener CSD | |
| Natürlich geht es heute in erster Linie darum, trashy Popmusik zu hören, zu | |
| tanzen und Spaß zu haben. Aber die Party ist ein politisches Statement so | |
| wie alles, was die arabische, queere Community hier macht: „Der Raum, den | |
| wir nutzen, ist politisch“, vermeldet das QAB. Und: „Man muss sich schon | |
| fragen, wieso eigentlich jede arabische Person politisch sein muss. Aber | |
| gerade hier in Deutschland ist unsere Existenz schon Resistenz. Du würdest | |
| arabische Leute vielleicht in Neukölln vermuten, aber nicht als Hosts einer | |
| riesigen Party direkt in Berlin-Mitte. Das ist ein sehr politisches | |
| Statement für uns, wir beanspruchen diesen Platz.“ | |
| Es ist ihr eigener CSD, wenn man so will. Eine Party, um ein kollektives | |
| Gedächtnis zu heilen. Von Ausgrenzungs- und Unzugehörigkeitserfahrungen, | |
| von Tokenism, Fetischisierung und Homogenisierung. Wie schwer es ist, einen | |
| Raum für sich selbst zu schaffen, zeichnet sich schon in ganz grundlegenden | |
| Dingen ab. | |
| Von der prekären Arbeitssituation des Kollektivs mit wenig Funding mal | |
| abgesehen, gibt es neben den heute vertretenen DJs Xanax Attax, Mamakil, | |
| shamsa.gotsauce und Mermaid Mudi ansonsten kaum DJs, die diese Musik | |
| spielen. Deshalb bieten sie jetzt auch Workshops an. Um eine Infrastruktur | |
| zu schaffen, aus der die Community etwas für sich ziehen kann. | |
| 10 Feb 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Marie Serah Ebcinoglu | |
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