# taz.de -- heute in hamburg: „Es geschieht auf der ganzen Welt“ | |
Interview Deborah Kircheis | |
taz: Frau Magoko, ist die weibliche Genitalverstümmelung auch in | |
Deutschland ein aktuelles Thema? | |
Beryl Magoko: Auf alle Fälle. Die meisten Leute denken, es wäre nur ein | |
afrikanisches Problem, aber es geschieht auf der ganzen Welt. Durch | |
Immigranten, die nach Deutschland ziehen, kommt dieses Thema auch hierher. | |
Wir sollten also alle darüber reden. | |
In Ihrem Heimatland, Kenia, wurde das Ritual 2011 verboten. Wird die | |
gesellschaftliche Akzeptanz weiblicher Genitalverstümmelung geringer? | |
Die Zahl der betroffenen Mädchen sinkt. Es gibt einige junge Menschen, die | |
schon seit 1994 gegen die Verstümmelung von Mädchen kämpfen, und diese | |
Bewegung vergrößerte sich 2011, aber aktuelle Zahlen der | |
Weltgesundheitsorganisation zeigen, dass pro Tag noch etwa 6.000 Mädchen | |
verstümmelt werden. Also ist es nach wie vor die Mehrheit, die dieses | |
Ritual praktiziert. | |
Hat Ihnen der Film bei der emotionalen Verarbeitung Ihrer eigenen | |
Erlebnisse geholfen? | |
Über all das zu reden, war eine Erleichterung. Ich bin wirklich froh, dass | |
ich an die Öffentlichkeit gegangen bin und so auch anderen Frauen helfen | |
kann. Es war ein schwieriger Prozess, in dem ich viel über mich selbst | |
nachdenken und über mich reden musste, aber jetzt fühle ich mich gut. Es | |
ist, als hätte ich meine Stimme wiedergefunden, die mir weggenommen wurde. | |
Aber die Erinnerungen an meine eigenen Erlebnisse bleiben, und ich werde | |
die Schmerzen nie vergessen. | |
Sie machen mit Ihrer Geschichte vielen Menschen Mut. Was wünschen Sie | |
Frauen ganz allgemein für die Zukunft? | |
Wir sollten lernen, zu reden und alles zu erzählen. Frauen werden in | |
vielen unterschiedlichen Situationen durch Worte und Handlungen klein | |
gehalten und unterdrückt. Es passiert jeden Tag und auf der ganzen Welt, | |
dass Frauen durch die Gesellschaft unterdrückt werden und wir müssen | |
unsere Stimme und unseren eigenen Platz gemeinsam zurückfordern. Es gibt | |
keine Frau, die weniger wert ist, weil sie nicht dem standardisierten | |
Schönheitsideal der Gesellschaft entspricht, weil sie zu dick oder zu dünn | |
ist oder nicht die richtigen Maße hat. Was ist schon Schönheit? Wir | |
sollten genau die Schönheit strahlen lassen, die uns mit der Geburt | |
geschenkt wurde und uns auch untereinander dazu ermutigen. | |
6 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Deborah Kircheis | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |