# taz.de -- heute in hamburg: „Da leiden der Mensch und die Qualität“ | |
Interview Thilo Adam | |
taz: Herr Zunker, Sie kritisieren, dass Menschen, die hier Sprachkurse für | |
Flüchtlinge geben, nicht genug Wertschätzung erhalten. Was genau ist das | |
Problem? | |
Detlef Zunker: Viele müssen bei einer vollen Stelle 50 Unterrichtsstunden | |
pro Woche halten. Das kann kein Mensch aushalten. Dafür kriegen sie dann | |
gerade mal 2.900 Euro brutto. Und das in einem Bereich, für den der Staat | |
die Finanzierungsbedingungen setzt. | |
Mit den 50 Stunden sind aber doch sicher 45-minütige Einheiten gemeint? | |
Ja, damit kommt man auf etwa 40 Zeitstunden pro Woche. Aber so bleibt | |
natürlich keine Zeit für Vor- und Nachbereitung. Ich war selbst Lehrer und | |
weiß, wie viel Arbeit allein 25 Schulstunden sind, wenn man das gut machen | |
möchte. Das Doppelte ist unglaublich! Da leidet der Mensch und da leidet | |
die Qualität. | |
Warum sieht das die Politik anders? | |
Wir glauben, dass die das Thema einfach gar nicht sieht. Die SPD sagt ja im | |
Bürgerschaftswahlkampf, sie hätte die ganze Stadt im Blick. Die | |
Beschäftigungsbedingungen dieser Leute hat sie aber offensichtlich nicht im | |
Blick. | |
Wie ist denn die Situation der Sprachlehrenden in Hamburg? | |
Der größte Anbieter für solche Sprachkurse ist die Volkshochschule. Dort | |
wird aber nicht mal angestellt – die Leute sind honorarbeschäftigt. Die | |
verdienen circa 38 Euro die Stunde und müssen dann davon noch | |
Sozialversicherung zahlen und etwas für die Rente beiseite legen. | |
Was macht das mit den Lehrkräften? | |
Ich kenne welche, die auf Dauer gesundheitlich leiden. Das sind Leute, die | |
diesen Job jahrelang machen. Die machen das gerne, weil sie sehen, wie | |
wichtig es für die Gesellschaft ist, dass Geflüchtete in die Lage versetzt | |
werden hier zu partizipieren und irgendwann zu arbeiten. Wenn dann nichts | |
zurückkommt … Wir müssen auf jeden Fall von Working Poor sprechen – unter | |
staatlicher Verantwortung. | |
Von Erwerbsarmut also? | |
Das sind studierte Leute, die am Existenzminimum leben. Die machen ihre | |
Arbeit mit viel Engagement, müssen aber damit rechnen, dass der Arbeitgeber | |
in zwei Monaten sagt: Tut uns leid, unsere Aufträge sind zurückgegangen, | |
suchen Sie sich was Neues. | |
Was fordern Sie? | |
Dass bei Daueraufgaben festangestellt wird, statt nur auf Honorarbasis oder | |
befristet. Dass es eine Obergrenze von 25 Unterrichtsstunden gibt. Und bei | |
staatlich beauftragten Sprachkursen ein Honorar von 58 Euro pro | |
Unterrichtsstunde. | |
3 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Thilo Adam | |
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