# taz.de -- York Schaefer Popmusik und Eigensinn: Retroband auf Retrotour | |
Die Wiederaufführung kompletter, mehr oder weniger bedeutender, | |
„klassischer“ Platten aus dem Frühwerk einer Band gehört neben der Vielza… | |
an Reunions, Jubiläumstouren und der Flut an Box-Sets mit oft überflüssigen | |
Bonus-Outtakes zu dem vielgestaltigen Retro-Phänomen, das die Popmusik seit | |
Beginn des Jahrtausends erfasst hat. „Wir leben in einem Zeitalter des Pop, | |
das völlig verrückt ist nach permanenter Erinnerung“, schreibt der | |
englische Musikjournalist Simon Reynolds in seinem streitbaren Buch | |
„Retromania“ und fragt, wo die „Verheißung der Gegenwart“, das „Be h… | |
now“ der Popmusik, geblieben sei. | |
Beispiele für das Reenactment mit Parallelen zur historischen | |
Aufführungspraxis der Klassik gibt es seitdem zuhauf: Laut Reynolds könnten | |
es schon 1998 die Arena-Rocker von Cheap Trick gewesen sein, die bei einer | |
viertägigen Tour ihre ersten vier, damals grade wiederveröffentlichten | |
Alben nachspielten. Jeden Tag ein neues, in exakter Reihenfolge, Song für | |
Song. | |
Selbst ein ewiger Querkopf wie Peter Hein konnte mit seinen Fehlfarben den | |
nostalgischen und auch finanziell interessanten Verlockungen nicht | |
widerstehen. „Das Frühwerk am Hals wie ein Mühlstein“, hieß es noch 2012… | |
einem ihrer Songs, 2017 spielte man dann „Monarchie und Alltag“ live wie | |
aus einem Guss runter. Dazu liefen Projektionen mit Fotos aus den | |
Achtzigerjahren, Flyern und Straßenszenen sowie dem alten Fernseh-Testbild, | |
alles umrahmt von einem goldenen Bilderrahmen. Selbstmusealisierung, aber | |
immerhin mit Selbstironie. | |
Auch vor Hip-Hop und Jazz, letztere eine Musik, die sich ursprünglich der | |
Magie des Momentes, der Improvisation und des stetigen Wandels verschrieben | |
hatte, macht der Nostalgiewahn nicht halt. Es scheint, dass wenn es eine | |
Band nur lange genug gibt, die Sehnsucht nach deren Klassikern größer ist | |
als nach aktuellen Alben. | |
Auch Monster Magnet gibt es inzwischen über 30 Jahre und die Mannen um | |
Chefstoner Dave Wyndorf sind echte Fans des Reenactment. Ihre frühen Alben | |
„Dopes to Infitiy“ und „Spine of God“ haben sie live bereits in voller | |
Länge nachgespielt, nun ist „Powertrip“ von 1998 an der Reihe. | |
Mit jedem Album markierte die Band damals ihre Abkehr von den | |
trippig-verspulten Vorgängern im Gefolge von Black Sabbath und Hawkwind und | |
etablierte sich erfolgreich als straighte Hardrock-Combo mit | |
Metal-Gegniedel-Anteilen – alle Rockerklischees wie Las Vegas-Pomp, | |
Motorräder, Go-Go-Girls und Feuersbrünste natürlich inklusive. | |
Viel Neues wird man also nicht erwarten dürfen bei dieser Show – was es bei | |
einer Retro-Band wie Monster Magnet letztlich immer war, aber was auch | |
fast schon wieder konsequent ist. | |
Fr, 7. 2., 20 Uhr, Schlachthof | |
1 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
York Schaefer | |
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