# taz.de -- petition der woche: Bleibt das Arschgeweih künftig farblos? | |
Hunderte Tattoos zieren die Haut von Jörn Elsenbruch. Er arbeitet seit 35 | |
Jahren als Tätowierer. In Erkelenz betreibt er seit 1990 ein eigenes | |
Tattoostudio. Seinen Unterarm entlang schlängelt sich eine blaue Schlange. | |
Pigmente in den Tätowiermitteln sorgen für die Farbe. Zweien dieser | |
Pigmente hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) nun den Kampf | |
angesagt, sie empfiehlt ein Verbot für die Verwendung in Tätowiermitteln. | |
Es geht um ein kräftiges Blau und ein knalliges Grün, genauer gesagt um die | |
Farbpigmente „74160 (Pigment Blue 15)“ und „74260 (Pigment Green 7)“. N… | |
der Kosmetikverordnung dürfen diese Pigmente nicht in Produkten verwendet | |
werden, die auf der Haut landen. Die ECHA rechtfertigt ein Verbot für die | |
Tattooszene damit, dass Tattoofarbe als Kosmetik gilt. Außerdem hätten | |
Pigmente, die nicht auf die Haut gehören, erst recht nichts in der Haut zu | |
suchen. | |
Mit der Onlinepetition #tattoofarbenretten möchte Elsenbruch ein Verbot | |
verhindern. Adressiert ist sie an den Petitionsausschuss des Bundestags, | |
die Bundesregierung soll Druck auf die europäischen Behörden ausüben. | |
Nachdem das geplante Verbot bekannt wurde, war der Aufschrei in der | |
Tattooszene groß. Bereits am ersten Tag unterzeichneten über 70.000 | |
Menschen die Petition. Elsenbruch und viele seiner Kolleg*innen arbeiten | |
schon lange daran, über Tattoofarben aufzuklären. | |
Ein Verbot würde laut Elsenbruch das Aus für 66 Prozent der Farben | |
bedeuten, denn es gibt keinen adäquaten Ersatz für die Pigmente. „Ich | |
unterstelle der ECHA keine bösen Absichten. Sie wollen das | |
Sicherheitsniveau anheben, aber mit einem Verbot tun sie das Gegenteil“, | |
sagt er. Ohne Alternative würde man damit den Schwarzmarkt beflügeln. | |
Tätowierer*innen müssten, um allen Wünschen gerecht zu werden, auf | |
Tätowiermittel zurückgreifen, die weniger erforscht sind. Dies würde die | |
Sicherheit der Tätowierten gefährden. | |
Am 21. Januar veröffentlichte die ECHA ein Statement, worin sie ankündigte, | |
die Pigmente nach einem Verbot noch zwei Jahre auf dem Markt zu lassen. | |
„Lächerlich“ findet Jörn Elsenbruch diesen Vorschlag. Er fragt sich, wie | |
groß die Gefahr sein kann, wenn die Pigmente nicht sofort vom Markt | |
genommen werden. | |
Etwa 12 Prozent der deutschen Bevölkerung sind laut dem Bundesinstitut für | |
Risikobewertung (BfR) tätowiert. Keiner weiß genau, ob die Tattoos | |
langfristig die Gesundheit gefährden. Um die Farbe für immer in die Haut | |
einzubringen, wird sie mit einer Nadel in die mittlere Hautschicht | |
gestochen. Der Körper reagiert auf diese Fremdpartikel, wie er auf sie | |
reagieren soll: abwehrend. Die Nanopartikel der Farben wandern, wenige Tage | |
und Wochen nach der Tätowierung, in die Lymphknoten, das haben | |
Wissenschaftler*innen des BfR herausgefunden. Sie haben die Knoten von | |
tätowierten Verstorbenen untersucht, diese hatten sich stark verfärbt. | |
Für Jörn Elsenbruch gibt es deshalb auch keinen richtigen Grund für ein | |
Verbot, denn es gab bisher keine Probleme. Nur in Haarfärbemitteln hätten | |
die Pigmente anscheinend für Ärger gesorgt, da sie die Kopfhaut der | |
Nutzer*innen langfristig verfärbt hätten. | |
Im Februar möchte die Europäische Kommission über ein Verbot diskutieren. | |
Denise Klein | |
1 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Denise Klein | |
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