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# taz.de -- zwischen den rillen: Einsame Wälder und wilde Bars
Bild: The Heavy Horses: „With Darkness in My Eyes“, digital bei iTunes, CD …
Kann etwas Ödes an einem Countryalbum sein, das mit einer solchen Story
einsteigt? „I heard the cavalry ride that day / My parents hid me, and
there I’d stay“, so beginnt der erste Song namens „Bended Knee“ auf dem
neuen Album des kanadischen Projekts The Heavy Horses, und weder dessen
Titel – „With Darkness in My Eyes“ – noch diese ersten Zeilen versprech…
zu viel.
Ähnlich düster, wie der Albumtitel suggeriert, geht es weiter mit dieser
Geschichte eines Jungen, der seine Eltern sterben sieht und sich daraufhin
schwört: „Men would crumble / Men would suffer/ Men would pay“. Die
Pedalsteelgitarre malt dazu eine wütende Qual in die Luft, die der Stimme
in ihrer Sanftheit fehlt. In seiner Drastik ist der Songtext noch eine Ecke
abgründiger und draufgängerischer als etwa die Vorstellungswelten des
frühen Johnny Cash, die Musik allerdings hat nichts von dessen Derbheit –
und beides gilt auch für den Rest des Albums. Denn die Songs von The Heavy
Horses sind fast ausschließlich Balladen, wie man sie schon eher vermuten
würde von diesem zurückhaltenden, bärtigen und sehr freundlichen
Teetrinker, stets mit Mütze unterwegs, der sich hinter dem Pseudonym der
schweren Pferde versteckt.
The Heavy Horses ist das Projekt des Kanadiers Justin Mahoney, der in rauen
Verhältnissen aufwuchs, einige Jahre in Toronto lebte und heute zwischen
Nashville und seiner Heimat Neufundland pendelt. Dass auch das neue Album
an letzteren beiden Orten aufgenommen wurde, ist nur logisch, hört man
darauf doch die perfekte Symbiose aus stillen Wäldern und wilden Bars.
Seine Solokarriere verfolgt Mahoney nur unbeständig; das kommt einem
Kollegen wie JP Harris zugute, mit dem er gerade als Gitarrist quer durch
die USA tourte. Mahoneys Debüt „Murder Ballads & Other Love Songs“
(veröffentlicht 2012) wurde von der European Country Music Association als
Country Recording of the Year nominiert. Und es wäre nur verdient, wenn
auch dieses zweiten Album, von dessen Cover passenderweise ein Geier
starrt, viel Aufmerksamkeit zuteilwürde. Mahoney singt in den neuen Songs
unfassbar traurig und schön über schwierige Themen wie Krieg, Kindheit,
Liebe und Verlassenwerden. Auch die klassischen murder tales, die man im
totkommerzialisierten Nashville heute lieber nicht mehr spielt, um keine
Touristen zu verschrecken, nimmt er sich vor.
Als Vorbilder nennt er entsprechend die alten Raubeine – neben Johnny Cash
etwa Willie Nelson und Waylon Jennings. Aber wo es bei den Outlaws immer
auch um Attitüde ging, geht es beim Kanadier eher ums Geschichtenerzählen –
also das, was Songwriting, vor allem im Country, im besten Fall ausmacht.
Die Stimme, die uns diese Geschichten zu Akustikgitarre, gut abgestimmt mit
sparsamer Mundharmonika und Akkordeon, erzählt, klingt bisweilen
jugendlich, aber die Texte könnten abgeklärter nicht sein: „Old candles
flicker / and old lovers become old friends“. Man kann sie mit alten oder
neuen Freunden hören, im Auto, auf der Couch oder am Kaminfeuer – in den
Winter passen sie jedenfalls ganz hervorragend. Johanna Roth
27 Dec 2019
## AUTOREN
Johanna Roth
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