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# taz.de -- Skandalurteil in Zypern: Erst vergewaltigt, dann verurteilt
> Eine junge Britin wird in Zypern von einer Gruppe israelischer
> Jugendlicher vergewaltigt. Am Schluss wird sie verurteilt, die Jungs
> kommen frei.
Bild: Proteste vor dem Gericht in Famagusta
Berlin taz | Es ist das Empörungsthema schlechthin in Großbritannien
geworden: das Schicksal der 19-Jährigen, die auf Zypern Urlaub machte,
Anzeige wegen Vergewaltigung erstattete – und sich selbst auf der
Anklagebank wiederfand.
Im Juli machte die damals 18-Jährige, deren Identität geheimgehalten wird,
Urlaub in der Billigabsteige „Pambos Napa Rocks“ im zypriotischen Agia
Napa. Sie liierte sich mit einem 17-Jährigen aus Israel. Eines Abends, als
sie mit ihm im Bett war, kamen ein Dutzend betrunkene israelische Jungs
dazu, zwischen 16 und 19 Jahre alt. „Mein Freund sagte, ich sollte mich
hinlegen, und er kniete auf meinen Schultern“, gab sie später zu Protokoll.
„Ich konnte nicht atmen. Ich versuchte, meinen Kopf zu bewegen, und seine
Freunde schrien und grölten. […] Ich weiß nicht, wie viele mich
vergewaltigten.“
Sie floh in eine Klinik neben dem Hotel, die Polizei wurde gerufen, der
Freund wurde festgenommen und gestand, dass seine Freunde bei
„einvernehmlichem Sex“ anwesend waren. Als die zwölf ebenfalls festgenommen
wurden, fanden sich Videoaufnahmen von dem Überfall auf ihren Telefonen.
Drei waren geständig. Klare Sache also.
Nicht in Zypern. Nach zehn Tagen wurde die Engländerin, deren Pass
eingezogen worden war, sieben Stunden lang ohne Beistand befragt und
unterschrieb ein in schlechtem Englisch verfasstes Geständnis, wonach sie
alles erfunden habe – unter Druck, sagte sie später. Die jungen Israelis
flogen heim und ließen sich noch am Flughafen feiern, während sie über die
„Hure“ höhnten. Statt ihrer wurde die Engländerin in Zypern wegen „Erre…
öffentlichen Ärgernisses“ angeklagt. Der Richter erklärte, die Angeklagte
mache einen „schlechten Eindruck“, und sagte, „ich werde nicht die Frage
behandeln, ob sie vergewaltigt wurde oder nicht“.
## Die israelischen Jungs waren bestens vernetzt
Am 30. Dezember fiel das Urteil gegen die Engländerin: Schuldig. Drei Tage
später unterzeichneten Zypern und Israel ein wichtiges Gaspipelineabkommen.
Manche der involvierten Jungs waren bestens vernetzt, Freunde der Familien
des Bürgermeisters von Jerusalem und des israelischen Ministers für
regionale Zusammenarbeit.
Auch in Israel stellten die Medien kritische Fragen. Journalisten fanden
die 19-Jährige in Zypern schwer traumatisiert vor. Großbritanniens
Außenminister schaltete sich ein, Boykottaufrufe gegen Zypern machten die
Runde.
Am Dienstag wurde das Strafmaß verkündet: Vier Monate Haft auf Bewährung.
Vor dem Gerichtsgebäude in Paralimni demonstrierten Dutzende angereiste
Israelinnen in Solidarität mit der Angeklagten. „Zyperns Justiz, Schande
über dich“, riefen sie. Ihr Anwalt will vor das Oberste Gericht ziehen. Der
Schuldspruch steht noch.
7 Jan 2020
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Vergewaltigung
Zypern
Großbritannien
Israel
Sexismus
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