# taz.de -- heute in hamburg: „Die Politik verdrängt routiniert“ | |
Interview Katharina Gebauer | |
taz: Herr Riedel, wer leugnet das Insektensterben? | |
Felix Riedel: Da gibt es zwei unterschiedliche Strömungen. Die | |
Landwirtschaft, besonders der Bauernverband Schleswig-Holstein, betont | |
immer wieder, das würde alles nicht stimmen. Auf der politischen Ebene ist | |
da die AfD, die das Insektensterben herunterspielt. | |
Welche Motive stecken dahinter? | |
Die rechten Organisation sind einfach anti-ökologisch. Alles, was für das | |
grüne Weltbild spricht, wird prinzipiell abgelehnt. Hier geht es nicht | |
einmal konkret um das Insektensterben an sich, sondern um das grüne | |
Gesamtpaket. Das Interesse des Bauernverbandes ist klar: Er will die | |
Mitschuld am Artensterben leugnen. | |
Und wie sieht die Realität aus? | |
Insekten sind besonders in sehr trockenen oder sehr feuchten Gebieten wie | |
Mooren gefährdet. Seit 1990 wird präzise beschrieben, wie Arten und Biotope | |
schwinden. Auf wissenschaftlicher Ebene ist die Leugnung von | |
Insektensterben empirisch nicht haltbar und völliger Unsinn. Diese | |
Ablehnung bedeutet, dass auch das Artensterben infrage gestellt wird. | |
Wie gehen die unterschiedlichen Parteien dabei vor, was sind ihre | |
Strategien? | |
Der Bauernverband Schleswig-Holstein behauptet, dass das Insektensterben ja | |
noch gar nicht erforscht sei. Die Politik verdrängt eher und das | |
routiniert. Sie reagiert erst, wenn gesundheitliche Schäden an Menschen | |
entstehen und hält sich bis dahin mit Placebo-Blühstreifen auf, die den | |
gefährdeten Arten nichts bringen. | |
Wie kann man dem entgegentreten? | |
Immens wichtig ist die Aufklärung. Das naturkundliche Wissen ist in der | |
breiten Gesellschaft nicht mehr vorhanden. Statt Aufklärung nur den Kindern | |
aufzubürden, muss die Bedeutung der Insekten jedem erklärt werden. Dann | |
wären die Veränderungen für alle leichter zu bemerken. | |
Welche konkreten Maßnahmen würden den Insekten helfen? | |
Wichtige Biotope, in denen gefährdete Arten beheimatet sind, müssen wieder | |
vernetzt werden. Eine weitere Möglichkeit stellt die Landschaftspflege dar, | |
denn viele Arten verschwinden durch Verbuschung. Doch diese Pflege wird aus | |
Kostengründen bisher total vernachlässigt. Politik und Landwirtschaft | |
einigen sich auf einen Mittelmaß, der bei Weitem nicht ausreicht, denn die | |
Maßnahmen müssen flächendeckend spürbar sein. | |
4 Dec 2019 | |
## AUTOREN | |
Katharina Gebauer | |
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