| # taz.de -- heute in hamburg: „Falsches Bild von Sicherheit“ | |
| Interview Katharina Gebauer | |
| taz: Frau Lincoln, auf welchen Plattformen kommunizieren Sie? | |
| Sarah Lincoln: Auf dem Handy habe ich Whatsapp drauf. Bei der Arbeit nutze | |
| ich Signal, denn das ist verschlüsselt. | |
| Fühlen Sie sich da sicher? | |
| Zunehmend gibt es IT-Sicherheitslücken, die staatlich befördert werden. | |
| Sowohl kriminellen Hackern als auch staatlichen Nachrichtendiensten | |
| ermöglicht das, auf Handys und Computer zuzugreifen. Diese Lücken sind | |
| notwendig, um dort Überwachungs-Softwares, sogenannte Staatstrojaner, zu | |
| installieren. Die Anbieter versuchen, diese schnell zu schließen. Der Staat | |
| will sie so lange wie möglich offen halten und hält sie deshalb geheim. | |
| Warum das? | |
| Die Sicherheitsbehörden brauchen diese Lücken, um verdächtige Personen | |
| auszuspähen. Das ist ein massiver Eingriff in das allgemeine | |
| Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person und gefährdet zudem die | |
| IT-Sicherheit aller Menschen. Das ist, als ginge die Polizei einfach an | |
| einer kaputten Haustür vorbei und merke sich die Adresse für eine spätere | |
| Hausdurchsuchung. | |
| Braucht die Polizei weitere Befugnisse, um bei Online-Kriminalität nicht | |
| weiterhin immer zehn Schritte hinterher zu sein? | |
| In den Fällen, in denen nicht rechtzeitig eingegriffen wurde, lag das meist | |
| nicht daran, dass Polizei oder Geheimdienste nicht ausreichend | |
| Überwachungsbefugnisse hatten. Deshalb ist es überhaupt nicht notwendig, | |
| diese zu erweitern. Das vermittelt ein falsches Bild von Sicherheit. | |
| Welche Gesetze werden derzeit verschärft? | |
| In Hamburg wird das Polizeigesetz und das Verfassungsschutzgesetz | |
| reformiert. Der Verfassungsschutz darf sich dann künftig auch in Handys und | |
| Computer hacken und die Kommunikation mitlesen. | |
| Was ändert sich im neuen Polizeigesetz? | |
| Dort ist die automatisierte Datenanalyse vorgesehen. Mit einer speziellen | |
| Software werden große Datenmengen ausgewertet: Aus polizeilichen | |
| Datenbanken und externen Quellen wie Social-Media-Kanälen. Die Polizei will | |
| damit Personen und Netzwerke durchleuchten. | |
| Warum halten Sie automatisierte Datenanalyse für gefährlich? | |
| Dadurch können sich Behörden umfassende Persönlichkeitsprofile von | |
| Zielpersonen erstellen. Das verstößt gegen die informationelle | |
| Selbstbestimmung und kann sogar die Menschenwürde verletzen. Die Analyse | |
| greift lange vor einer konkreten Gefahr ein. Die Gesellschaft für | |
| Freiheitsrechte wird in Hamburg prüfen, ob wir gegen die Verschärfungen | |
| eine Verfassungsbeschwerde einlegen. | |
| Vortrag „Staatstrojaner und Datenanalyse“: 18.15 Uhr, Rechtshaushörsaal, | |
| Rothenbaumchaussee 33, Eintritt frei | |
| 28 Nov 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Gebauer | |
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