# taz.de -- heute in hamburg: „Nach politischen Fehlern fragen“ | |
Interview Katharina Gebauer | |
taz: Herr Blechschmidt, warum braucht es ein weiteres Buch über den | |
G20-Gipfel? | |
Andreas Blechschmidt: Das Buch entstand als Reaktion auf die politische | |
Rezeption der G20-Proteste. Weder die Polizei noch die Politik gingen | |
kritisch mit ihrem Vorgehen um. Aber auch die radikale Linke hat sich | |
meiner Meinung nach nicht genug mit der eigenen Rolle auseinandergesetzt. | |
Das sehe ich als Defizit, möchte aber nicht nur meckern, sondern ein | |
Diskussionsangebot schaffen, das wir brauchen, um politisch weiterzukommen. | |
Waren die Aktionen der G20-Gegner denn gar kein Erfolg gegenüber der | |
Repression durch die Polizei? | |
Doch. Die Gegenproteste haben es ja durchaus geschafft, die | |
Berichterstattung zu dominieren. Aber dabei sind unsere inhaltlichen | |
Anliegen, die fundamentale Ablehnung der G20-Politik, zu wenig wahrgenommen | |
worden. Am Ende wurden auch nicht mal mehr die systematischen Rechtsbrüche | |
der Polizei thematisiert. Und Olaf Scholz konnte behaupten, es habe keine | |
Polizeigewalt gegeben. Da müssen wir uns schon als Akteurinnen und Akteure | |
der Gegenproteste fragen, ob wir nicht auch politische Fehler gemacht | |
haben. | |
Warum hat sich die radikale Linke nicht damit auseinandergesetzt? | |
Nach G20 gab es einen großen Druck, die Polizei richtete die Soko Schwarzer | |
Block ein. Von staatlicher Seite wurde das Bild bloßen Terrors und Gewalt | |
behauptet, Menschen kamen mit hohen Haftstrafen ins Gefängnis. Das machte | |
es schwierig, darüber öffentlich zu streiten. Es gab natürlich öffentliche | |
Stellungnahmen und Broschüren, aber ich habe bisher keine wirkliche Debatte | |
wahrgenommen. | |
Welchen inhaltlichen Fokus setzen Sie in Ihrem Buch? | |
Ein Schwerpunkt liegt auf der Rolle der Militanz als politisches Mittel. | |
G20 fungiert da als Kristallisationspunkt, sich innerhalb der Szene zu | |
fragen, wo wir politisch stehen. Wir haben es nicht geschafft, G20 zu | |
verhindern, aber auch kein nachhaltiges öffentliches Bewusstsein | |
geschaffen, dass diese Institution gar keine Berechtigung hat. Denn der | |
Fokus der Medien lag nur noch auf der Diskreditierung der Gegenproteste, | |
die Bezugnahme zu politischen Inhalten wurde unterschlagen. Das ist Teil | |
des Problems und muss diskutiert werden, um eine klare Position zu | |
entwickeln. | |
20 Nov 2019 | |
## AUTOREN | |
Katharina Gebauer | |
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