# taz.de -- berliner szenen: „Volker Herres absetzen!“ | |
Dafür haben wir euch nicht in die Rundfunkräte geschickt“, skandiert Petra | |
Namyslo vor dem ARD-Hauptstadtstudio ins Mikrofon. Die „Lindenstraße“ soll | |
geräumt werden, die Fans der sozial engagierten Sonntagsserie stellen gegen | |
die Gentrifizierung ihres Programms die Machtfrage. Am Samstag ziehen | |
gezählte 45 von ihnen vom Berliner Washingtonplatz am Hauptbahnhof zur | |
Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz. | |
Nicht die „Lindenstraße“, sondern „Volker Herres absetzen!“, fordert | |
Namyslo an der Zwischenstation Funkhaus. Der ARD-Programmdirektor zeigt | |
sich nicht, weder einsichtig noch auf dem Balkon der öffentlich-rechtlichen | |
Dependance. Eine Demonstrantin reckt mit ihrem kleinen Sohn ein | |
Spiegelei-Transparent zum Einspieler der Behaglichkeit verströmenden | |
Auftaktmelodie in den Himmel. Mit Spiegeleiern hatte Mutter Beimer in der | |
Serie noch jede Krisensitzung in der Nachbarschaft überstanden. | |
Passant:innen sprechen Unterstützung zu oder rufen lachend „GZSZ!“, die | |
Abkürzung der privaten Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, bei der | |
es sich um nichts anderes als um ein Werbeumfeld für die TV-Spots der | |
Supermarktketten handelt. | |
Am 29. März 2020 um 18.50 Uhr soll die „Lindenstraße“ ein letztes Mal | |
ausgestrahlt werden. An seine Stelle rückt der ARD-„Weltspiegel“. Dabei | |
scheint die Serie, die seit 1985 nach dem Vorbild der britischen Coronation | |
Street realistische Themen wie Homosexualität, Zuwanderung und das | |
Generationenverhältnis selbstverständlich in die Geschichte integriert, | |
keinesfalls obsolet. Seit 59 Jahren läuft „Coronation Street“ im britischen | |
Sender ITV und ein Ende ist nicht abzusehen. Ab 1985 hatte der Filmemacher | |
Hans W. Geißendörfer das Konzept für den WDR mit der Lindenstraße | |
aufgegriffen. Anselm Lenz | |
21 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Anselm Lenz | |
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